Bauernkrieg 1653
Stationentheater
Eggiwil, Skript
BZ über den Bauernkrieg 1653:
(1) Der Aufstand
(2) Aufständische
(3) Die Gnädigen Herren
(4) Interview
Zwei
Eide - eine Annäherung an Niklaus Leuenberger
Referat vom 10. August
2003 in Rüderswil
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Stationentheater
Eggiwil, 15. Januar - 2. Februar 2003
Eine
Nachtwanderung auf den Spuren des Schweizerischen Bauernkriegs von 1653
– hier, wo alles begann
Szenario
von U.H., ungekürzte Fassung
* nicht aufgeführte Szene
Bilder von Hans Wüthrich, Langnau, und aus dem Fotobuch von Hans Kern, Eggiwil
Schuldenbauer 1653 – Täufer – Erste Versammlung auf
dem Giebel – Der Prügelschmied – Landsgemeinde von
Sumiswald – Seilbahn – Müliseilers Haus
– Verpflegung
– Die Schulstube
– Wachen vor Bern
– Die Gnädigen
Herren der Stadt Bern – Bauernlager vor Bern – Rückfahrt mit dem
Fuhrwerk – Der Galgen – Schuldenbauer 2003*
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Szene Höllhüsli 1
Personen: Michel Ermel,
Schachenbauer (Roland Berner). Johanna Ermel, seine Frau (Kathrin
Jungen / Sandra Gerber)
Das Schuldenbäuerlein, 1653
Quelle/Idee: Situation und Rede des
Höllschachen-Bauern aus dem Jahr 2003 (Schlussszene) sind nahezu
unverändert ins Jahr 1653 übertragen.
Der Schuldenbauer sitzt am Tisch seiner
finsteren ärmlichen kleinen Rauchküche: Talglicht, alter Herd, einige
angerostete Gegenstände liegen rum. Die Küche wirkt schmuddelig –
schwarz vom Rauch. An der Wand ein Bild von Wilhelm Tell. Seine Frau
steht am Herd und kocht eine Weinwarm-Suppe. Sie bietet den Gästen
Kacheln mit Weinwarm an.
Michel Ermel: (zu den Ankommenden):
Ja, chömet nume! Tüet nid schüch! Machet nech’s bequem i üsem Heim!
Hänneli– gib ne doch es Chacheli Wywarm, üsne Gäst! Viu hei mir nid,
aber mir teile’s gärn mit de Lüt us dr Stadt. (Etwas spöttisch). Dir
syt ja sicher die, wo bim gägewärtige Pryszerfall aube no ne Batze druf
leget am Märyt. – Hättet nid ddänkt, dass es im Bernbiet no Möntsche
git, wo so läbe, he!? Isch chly öppis anders als ds gmüetleche Landläbe
uf eune Campagne!
Mir läbe hie halt scho a stotzige Höger. U Heimatland!, wenn i dänke,
dass mer no vor zäh, zwölf Jahr no über füfzg Batze für nes Schaf hei
bercho, u jitze... söll’s bau nüt meh wärt sy. Während em grosse Chrieg
hei di Gnädige Here für üsi Ware Höchstpryse festgleit. U jitze, wo
verarmeti Soldate uf ds Land ströme, wo Wassergrössine ds Land
verwüestet hei u überhoupt alls bachab geit, gäbe si nis öbe
Mindestpryse? Ja, chasch dänke. Da söll mer mal eine-n erkläre, wo da d
Logik isch.
Mir cheu gar nümm richtig pure wie dr Vater u Grossvater. Es lohnt sech
nümm.
U jitz chömet mer ja nid: i heig dr Aaschluss verpasst! Ja nid! I ha
würklech alls probiert, es geit ja schliesslech um mys Überläbe. Zersch
sy si cho: es sygi Chrieg ringsume, es chömm nüt meh yne us dr
Lombardei u us Frankrych, mir müessi jede Plätz beboue, wo no
irgendöppis häre gäbi. Me söll Land derzue choufe, Gülte-n ufnäh, di
füf Prozänt syge fasch gschänkt, u überhoupt sygs e vatterländische
Pflicht. Guet. Aber hie im Schache isch das nid ganz gfahrlos. De geit
dä Chrieg z Änd, d Pryse geheie y Chäller, d Ämme chunnt höch u
verwüestet alls. Jitz heisst’s eifach: im Schache dörf me nümm aaboue.
U d Gülte, d Hypothegge, die blybe. Mi cha se
nid mal zruggchoufe. Ja nu... Veh söll me züchte. Ämitaler Ross
heige-n e guete Name. Aber ds Salz muesch nach Langnou gah hole u d
Salzdiräktore verdiene sech e goldegi Nase a üsere Viehzucht, u de
chöme neui Stüre für d Usfuehr vo Vieh, wie wenn’s nid scho schwär gnue
wär, di Ross de Lamparte z verchoufe. U wo n i jitz uf e Winter hi doch
no zweu Rössli abgstosse ha, chunt no das verreckte Münzmandat – u das
Hüfeli Batze, wo-n i bercho ha, isch nume no d Hälfti wärt.
Überhoupt: lueg mal nume di Mandat, gopf! Wosch dert es Schürli
ufstelle, geit das nid, oder wosch es dym Brüetsch verchoufe, geit dies
nid. U dr Landschryber z Signou u ersch rächt d Ratshere u Kanzliste z
Bärn unde suehle sech i däne Papierhüfe u verdiene immer meh dra – u
mir gly nüt meh.
I ha weiss Gott alls mügleche probiert, z läbe wie’s am Schultheiss
gfallt, i Demuet u Ghorsam, u derby mir sälber z hälfe. Lueg mal:
kennsch das? (zeigt den Musikkäse). Ä-ä (Nein). Das hei mir es
paar zäme-n entwicklet. Musig-Chäs! Wenn d ne zwüsche de Zähng hesch,
macht er Musig! Gloubsch nid!? Probier mal (reicht den Gästen Käse).
Chasch ne y Sack näh, wie Nüssli oder e Bitz Brot. Mir sy cho derby am
Schiesset uf Chemmeribodebad. Dert verchoufe
si ne ir Pouse. Jitz luege mer o mit de Märyte u de mit de Lamparte. I
ha scho gredt mit em ne Händler, wo ne y Lombardei wott mitnäh. Guet, he?
Aber we das nid superguet louft mit däm Musig-Chäs, de weiss i o nüm.
Was söll I de? Als Handwärcher ir Stadt wirde-n i nid aghoh, i
bi halt nume ne Pur, u scho chly älter. Einisch ir Wuche chan i z
Signou im Schloss gah Wach stah, so im ene rot-schwarze Mantel – gäu,
Hänneli – aber das längt no niene hi. Herrgott! Mir cheu-n is doch nid
i Luft uflöse! Gah suufe, bis si eim ufläse u versorge? De berchämsch
ämu öppis z frässe. U ds Land hie cha vergande – isch de nümm mys
Problem, es wirft ja einewäg zweni ab.
(Zu Hänneli:) Lue wieder mal chly zum Härd! Werum starrisch da
di ganz Zyt dä Täll a?
Hanna: Du isch nume nydisch, Michu! Dä isch e Landmaa gsy wie du. U dä het’s zu öppis bracht. U du hocksch nume-n ume da i däm Loch u chlagschs de Lüt. U mys Schicksal isch, dass i das gäng muess mit alose.
Michel Ermel: Lue doch mal das ufbblasene Gwand a. Mit däm wett i ämu nid tuusche u de Jahrhunderti ar Wand hange...
Hanna (unterbricht): Das chönntsch o nid! Das wär ja e pynlechi Nummere – dr Höllschache-Pur bim Tälleschuss! Würdsch äuä em Gessler ir Pouse welle dyni Chäsli verchoufe.
Michel Ermel: Du versteisch mi falsch! Das
isch mys Schicksal! I wott säge: Eigentlech bin i gärn das
wo-n i bi. Pur! I möcht nüt anders. Bis vor – ja – öppe em ne Dotze
Jahr ha-n i o no gwüsst, für was i da bi. Ja – defür luege, dass d
Bevölkerig z ässe het, o i schlächte Zyte. Das isch d Pflicht vom
Purestand. Zu Zyte vo Wallenstein u vom Schwedechönig – a üsne Gränze –
, da sy mer no gschätzt gsy, d Pure u d Landschaft. Sogar dr alt
Schultheiss Daxuhofer, da cheut der säge, was der weit – dä het sy
Sache ganz ordeli gmacht. Der letzte seiner Art! Dä het no gluegt zu
syne-n Underthane wie äbe-n e richtige Landesvatter. Aber hüt... di
letschte Rächt wärde-n eim no gnoh, d Here führe sech uf u regänte wie
dr Chünig vo Frankrych.
Vilech... vilech sötte mer wieder mal Hunger ha, für z merke, we’s a z
Läbige geit, was mer eigetlech mache. U de würd me wieder gseh, was dr
Pur eigetlech isch: eine wo derfür luegt – wo Sorg het zum Bode, u äbe:
eine, wo Tag u Nacht derby isch, wo Freud het a däm, wo nis d Ärde
schänkt.
So, göht jitz,
chöit dusse wyter ässe! Gspüret nume mal chly d Chälti! Tuet nech guet.
Löht mi i Friede !
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Erzählerin Hofackerstutz (Kathrin Bühler)
Stoff: Auf dem Hofacker hausen Altevangelische,
wie sie sich nennen: Täufer.
Die Täufer werden von der Oberkeit verfolgt. Sie sind hier im Eggiwil
akzeptiert, sind aber Fremden gegenüber sehr vorsichtig.
Die
Erzählerin muss die Gäste (vom Holzhaus) zum Hofacker hinauf führen.
Sie muss während der Szene bei den Gästen bleiben und diese nach dem
Verschwinden der Täufergruppe – nach warnendem Hornsignal –
weiterleiten.
Sie ist eine Magd auf dem Hofacker, deshalb singen die Täufer auf dem
Hofacker weiter, als sie sich mit den Fremden nähert. Als aber ein
Alarmhorn zu hören ist (betätigt von der Helferin/Abwascherin am Stutz)
fliehen die Täufer. Die Erzählerin erklärt: Das Hornsignal habe die
Altevangelischen vor einer nahenden Täuferjagd gewarnt. Jetzt ergriffen
sie rasch die Flucht und kämen auch nicht mehr wieder. Das Publikum
solle weiter gehen, hinauf zum Giebel.
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Szene
Hofacker
Personen: Täuferlehrer (Martin Brunner),
Täuferinnen (Jeanne Schneeberger, Alice Röthlisberger, Annelies Reber,
Franziska Hiltbrunner)
Täufergesang
Grundlagen: Der täuferische Glaube war im Eggiwil
stark verbreitet. Das war für die Obrigkeit ein Grund für den
Kirchenbau im Eggiwil von 1631. Ueli Gallis Frau (Barbli Nüwkompt) sei
eine Täuferin gewesen, auch seine Mutter, er selber sei in die
täuferische Lehre gegangen. Der Hofacker war ein bekannter Täuferhof,
zur Zeit des Bauernkriegs bewohnt von der Familie Stauffer.
Die Gnädigen Herren vermuteten hinter dem Aufstand von 1653 täuferische
Umtriebe, was aber kaum in wesentlichem Mass zutraf. Die Verfolgung der
Altevangelischen oder Taufgesinnten durch angeheuerte Trupps von
“Täuferjägern” nahm im Lauf des 17.Jahrhunderts zu, doch waren diese im
Eggiwil wenig erfolgreich, da die Bevölkerung die Täufer durch
Hornsignale meist rechtzeitig warnte. Täuferverstecke in Häusern sind
im Eggiwil nicht bekannt. Nach Auskunft von Jeanne Schneeberger
versteckten sich die Taufgesinnten jeweils in den Höhlen beim
Rebloch.
Unser Täuferchor singt das Loblied, das 131.Lied des Ausbunds, des
mennonitischen Gesangbuchs von 1712. Die Singweise richtet sich nach
(seltenen) Aufnahmen von amischen Gemeinden in Indiana. Der Vorsänger
singt jeweils die erste Silbe eines Verses vor, dann fällt der Chor
unisono in den schleppenden, fast gregorianisch anmutenden stark
phrasierten Gesang ein.
Die Taufgesinnten singen auf der Laube des Hofackers, bereits
wenn sie die Laterne der Erzählerin sehen.
Sie singen weiter, während sie die Gästegruppe unter ihnen auf dem
Vorplatz versammelt (Variante zur Stimmschonung: der Täuferlehrer kann
nach kurzem Gesang mit einer Nadel in die Bibel stechen und der
Gemeinde die betreffende Stelle vorlesen).
Während des Gesangs ist ein Horn (Warnsignal)
zu hören. Die Taufgesinnten brechen den Gesang ab und ziehen sich in
ihr Versteck zurück (kommentiert durch die Erzählerin).
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Erzählerin auf dem Wasenweg zum Giebel (Ruth Siegenthaler)
Stoff: Altjahrswoche 1652. Da oben ist der Giebel, Ueli Gallis Haus. Heute abend findet dort die erste Versammlung der Landleute statt, die sich gegen die Münzabwertung wehren wollen. Die Versammlung hat schon begonnen. Die Gäste sind spät dran!
Idee Ruth: sie wird als Tochter von Ueli
Galli - Margret Galli - auf ihrem Lieblingsbaum sitzen und die Gäste
hier begrüssen.
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Szene Giebel
Personen: Ueli Galli, Giebelbauer Eggiwil (Stephan Hottenberg) /
Seine Frau Barbara (Marianne Balmer) / Michel Haldemann von der
Holzmatt, Chorrichter im Eggiwil, mit Ueli Galli verschwägert (Hans
Wüthrich, Mittlerberg)) / Daniel Küpfer, Pfaffenbach bei Langnau,
ehemals Schmied von Höchstetten (Theo Stalder) / Hans Kräyenbühl,
Schmitte, Trub (Walter Vetter).
Die Versammlung auf dem Giebel, Altjahrswoche 1652
Historisches:
In der Altjahrswoche 1652 fand an dieser Stelle in Ueli Gallis Haus auf
dem Eggiwiler Berg tatsächlich die erste Versammlung der Berner
Landleute zum Vorgehen gegen das Münzmandat statt. (Die Entlebucher
hatten sich eine Woche zuvor in Schüpfheim getroffen). Die im Theater
dargestellten Personen waren nachweislich anwesend, neben einem halben
Dutzend weiteren Männern aus dem Eggiwil, aus Langnau und dem Trub.
Ueli Galli sagte in seinem Prozess aus: er habe damals den Thunerbrief
verlesen. Beschlüsse der Versammlung sind nicht bekannt, doch wurde
vermutlich bereits die Landsgemeinde am Langnauer Märit vereinbart.
Die Szene spielt in der Stube von Gallis
Haus, dem Giebel am Eggiwiler Berg. Vor dem Haus die zwei Pferde von
Küpfer und Haldemann.
Wegen Überlänge der Szene werden hier jeweils zwei Gästegruppen
miteinander eingelassen. Jede zweite Gästegruppe muss draussen ca. 6
Minuten warten. Wenn möglich tritt Hans Rüegsegger (Urs Hostettler),
Weibel von Röthenbach, den Ankommenden entgegen, erzählt ihnen vom Zug
nach Thun im Jahr 1641, wie Ueli Galli de facto zum Anführer der
Emmentaler aufstieg. Fragt nach der Herkunft und der Gesinnung der
Leute, weil die Versammlung geheim sei und man Spitzel der Oberkeit
nicht einlassen könne.
Galli, Küpfer und Haldemann sitzen am Tisch. Barbara, die Hausfrau auf
dem Giebel, kocht in der Küche Weinwarm. Sie begrüsst die
Neuankömmlinge, holt auch etwas später eintreffende Gäste noch in die
Stube rein, schafft Platz für sie.
Hans Kräyenbühl kommt spät und ist ortsunkundig. Er kommt mit einer
Gästegruppe ins Haus und setzt sich mir ihr in die Stube.
Barbara Galli (beim Eintreffen der Gäste): Suechet dir dr
Giebu? Da syt der richtig, di angere warte scho. Die syt e chly spät.
Chömet numen yne! (Geleitet die Gäste in die Stube).
Ueli Galli: Chömet,
machet nechs bequem !
Weist den Gästen Plätze an. Galli, Küpfer und Haldemann
begrüssen die ersten Gäste einzeln, bitten sie an den Tisch, stellen
sich mit Namen vor. Haldemann kennt Kräyenbühl und stellt diesen Galli
kurz vor: von der Schmitte im Trub, Haldemann hat ihn für heute
aufgeboten.
Später eintreffende Gäste werden stumm eingelassen und in der Stube
verteilt, auch wenn Haldemann schon mit seiner Begrüssung begonnen hat.
Michel Haldemann:
(stellt sich vor der Rede nochmals namentlich vor – so sollen es
auch alle anderen tun, wenn sie erstmals das Wort ergreifen) Haldimaa
Michu, Houzmatt.
Haldemann hat seine Ansprache vorbereitet – er kann einen
Spickzettel verwenden – allerdings mit altem Papier und ungeübter
Schrift oder Zeichen.
Für die, wo mi no nid kenne – i bi dä, wo di meiste vo euch yglade
het. Es freut mi, dass der trotz (dem garstigen Wetter /dem vielen
Schnee / der eisigen Kälte) dr Wäg y ds Eggiwil ufe gfunde heit. – E
chly spät syt der! (Schaut auf die Uhr). Mir hei gseit: uf die
(nennt die letzte abgelaufene volle Stunde). I bitte znächst mal um
pünktlechs Erschyne.
Dass mer nis usgrächnet hie obe im Giebu versammle, het e guete Grund:
dr Galli Ueli isch denn im 41i a dr Spitze vo de Landlüt gstande, wo
mer vor Thun uszoge sy u-n am Änd e Freiheitsbrief hei übercho – der
Thunerbrief, die ältere under euch bsinne sech sicher no dra (mit
älteren Semestern im Publikum nach Bestätigung heischend den
Blickkontakt suchen).
Mir sy gwüss, dass nis dä Thuner Freiheitsbrief jitz gueti Dienste
wird leiste, we mer gäg die Batzenabwärtig wei aagah. U mir freue nis,
dass der Üelu das wieder wott y d Hand näh.
Ueli Galli: Merci Michu! I möcht nume derzue säge, dass i denn vor Thun bi wytem nid der einzig bi gsy. Dr Küpfer Danu, hocket da näbe mir, er isch eine vo den alte Garde, denn no Schmied z Höchstette, jitz z Langnou, u ...(blickt über die Köpfe hinweg zum Eingang) isch der Röthebach-Weibu jitz cho?
Barbara Galli: antwortet je nach Situation: er ist bei ihr in der Küche - draussen, erwartet noch Nachzügler - noch nicht erschienen.
Ueli Galli:
Das wär o eine, wo het mitghulfe.
(Wenn er nicht da ist: Dä muess no
Hüehner abhole. Er chunnt de scho no.)
(Auf eventuelle Nachfrage: Weibel Rüegsegger muss in der Altjahrswoche
jeweils von jedem Haushalt der Gerichts Röthenbach ein Huhn eintreiben
und das Federvieh an Silvester nach Bern führen – eine alte Pflicht des
Niedergerichts Röthenbach).
Danu: würdsch du das mit em Münzmandat mau zämefasse?
Daniel Küpfer: Mynetwäge. Auso. (Erhebt
sich, spricht zur Versammlung).
Dr Alass vo üsem Träffe isch di verblüemereti Münzabwärtig.
Di meiste vo euch kenne d Bärnbatze nume so, wie si hüt sy: rots
Chrückemünz. I kennes no anders. Vor
vierzg Jahr, vor em grosse Chrieg, isch im Bärnbatze no ordeli Silber
gsy.
De sy äbe di Rötlinge cho, wo am Afang niemer het welle. Di Gnädige
Here hei betüüret; dass si di rote Girglebatze immer zum volle Wärt
wärde aanäh, dir kennet der Spruch: “Batze wärde Batze blybe, solang d
Stadt Bärn besteit!” U mit der Zyt het me nes ggloubt.
Jitz wärte si ungereinisch dr Batze um d Hälfti ab! U zwar zum ne
Zytpunkt, wo gägenüber Bure u em Gwärb – pardon – e Frächheit isch, e
richtige Chlapf zum Gring. Gnau am Sunnti nach em grosse Bärner Märit.
Di Here Bärnburger hei scho Tage vorhär gwüsst, was planet isch, si hei
wie di Wilde ygchouft, u a däm Sunnti isch würklech fasch alles
Chrückemünz bi de Landlüt gläge.
Chunnt derzue, dass alli üsi Abgabe i Silbergäld berächnet wärde, also
i alte Batze grächnet ds Dopplete choste. All das, wo mir azbiete hei,
sygs us Burerei oder Handwärch, handlet me-n aber i Batze. D Pryse sy
syt Jahre gsunke-n u gsunke – es söll mer niemer verzelle, dass mer
jitze uf ei Schlag ds Dopplete chönne heusche. Churz: die, wo uf em
Land jitz no einigermasse guet gläbt hei, wärde i nes paar Jährli
verlumpe. Gar nid z rede vo däne, wo jitz scho am Hungertuech nage!
Ueli Galli: I gseh’s o
so. U drum wei mer luege, was mer – ganz nach Rächt u Gsetz –
gäg die Uverschämheit vo de Stadthere für ne Handhabi hei.
I liese nech mal vor, was nis der Thuner Freiheitsbrief verspricht.
Ueli Galli breitet das Dokument vor sich aus, eine Abschrift des
Thunerbriefs. Er kann nur schlecht lesen, aber er kennt die
wesentlichen Stellen auswendig und spricht damit einigermassen
fliessend.
Daniel Küpfer: (während Galli den Thunerbrief bereitlegt) Aber jitz säg nid, dä heigsch sälber abgschribe!
Ueli Galli: Nobis. Der Schuelmeister... da ha-n i s.
Zersch das wägem Salz (liest): “Als namlich des Saltzes, des
Pulvers und derglychen Sachen mehr anbetrifft: Söllen die Underthanen
Ihrem ertheilten Rat nach, dieselben an Ihre Liebe Oberkeit
Supplications-weis gelangen lassen, nit zwyffelnde, dass man
Inen die Gnadenhand bieten und gebürlich begegnen werde.”
Michel Haldemann: (leicht entrüstet – er hat kaum was verstanden) Das isch aber ume nes Dütsch!
Ueli Galli: Ja... das wott säge: wo
Vorschrifte – jitz wirtschaftlech gseh – ds Landvolk eisytig belaste,
sölle mer e Bittschrift nach Bärn bringe, u ohni Zwyfel wärd me nis
entgägecho. Äbe wägem höche Salzprys “und derglychen mehr” – we da d
Münzabwärtig nid drunder fallt, unter “dergylchen mehr”, weiss i o nüt
meh.
Aber i ha no ne zwöiti Stell, wo für üs gloub no fasch interessanter
isch... wart mal... (sucht die Stelle)
“ ...dass eine Hoche Oberkeit Ihren Underthanen jewylen für Brief
und Sigel Freiheit und Gerechtigkeiten gönnen und gegeben, (...) soll
es by denselben durchus zu allen Puncten unabbrüchlich sein Verblyben
haben.”
Di Gnädige Here müesse die Freiheite u Rächt, wo si mal gwährt hei, für
alli Zyte yhalte. Äbe “unabbrüchlich”. U we si mal erklärt hei “Batze
sölle Batze blybe” sy si verpflichtet, sech dra z halte. Solang d Stadt
Bärn besteyt! Da druf chöi mer boue.
Ueli Galli:
(denkt nach) Irgendeine het das
sicher ufgschribe... z Bärn sälber, würd i meine. I bi ke Notar. Das muess
me no abkläre.
Daniel Küpfer: Aber Achtung! We si merke, was mer sueche, sy die Schriftstück im Archiv plötzlech verschwunde – es wär nid ds erst Mal.
Pause. Ein Moment der Stille.
Barbara Galli: Wott no öpper e Wywarm?
Michel Haldemann: O wie göh mer jitz wyter vor? ... So, Vorschläg!
Hier kommen evtl. Vorschläge aus dem Publikum, die sachte zurückzuweisen sind, resp. zu begrüssen, wenn sie den unten stehenden Fortgang der Bauernbewegung wiedergeben, sich darin einfügen lassen.
Rückweisungsgründe (können alle
SchauspielerInnen nach Gutdünken und Situation einwerfen –
wünschenswert wäre eine Ausarbeitung der unterschiedlichen Charaktere
auch für die freie Diskussion):
- (Aufbruch nach Bern mit Waffengewalt): Unsinn! Was vermögen wir
allein gegen Bern. Bevor wir an so was auch nur denken, müssen wir die
Landleute im ganzen Bernbiet und wenn möglich auch im Luzernischen
sammeln – die Entlibucher und die Willisauer leiden nämlich auch unter
der Abwertung. Die sind auf die Märiten von Langnau, Huttwil und
Langenthal ausgerichtet und haben sehr viele Bernbatzen. Vielleicht
sollten wir sogar den Kontakt mit den Bürgern und Hintersässen der
Städte suchen – diese Handwerker und Handlanger sind auch beschissen
worden.
- (Bittschrift/Protest abfassen und nach Bern bringen): Was hören die
Gnädigen Herren auf eine Bittschrift von einem Dutzend Landleuten?Ja,
Ueli Galli und Küpfer standen vor zwölf Jahren an der Spitze der
Bauernschaft. Aber sie haben kein offizielles Amt – die Landesämter
sind im Bernbiet abgeschafft (ob zu Recht? das wär auch noch zu
untersuchen!). Ein Alleingang – das wird nur Strafen hageln. Zuerst
müssen wir uns mit der ganzen Landschaft absprechen.
- (Schriftstücke suchen, welche die Wertgarantie der Batzen belegen): Ja, sicher, schon gut! Da ist ein
Spezialist gefragt. Aber was tun wir? Nur warten und
Däumchendrehen?
- (eigenes Geld prägen oder eigene monetäre Ordnung einführen): Gute
Idee! Falschmünzerei wollen wir nicht betreiben. Doch wir könnten das
Münz von Solothurn, von Luzern oder Zürich annehmen. Aber der Verlust
auf den Batzen bleibt bestehen, die Batzen sind nicht wegzuzaubern. Und
die Städter werden nach wie vor mit Batzen bezahlen. (Tatsächlich
wurden Berner Landleute in Solothurn vorstellig und anerboten,
Solothurner Münzen an Stelle der bernischen anzunehmen. Solothurn
musste aber wegen seines Münzverbandes mit Bern ebenfalls abwerten).
Barbara Galli: I cha nech scho säge, was der müesst mache.
Hans Kräyenbühl:
So? Was?
Barbara Galli: Nüt!
Hans Kräyenbühl: Nüt? Im Ärnst? Nüt?
Barbara Galli: Bi däm stränge Winter blybe so alti Manne gschyder ir Stube. Nume Verruckti chöme-n uf d Idee, zmitts im Winter verusse Verastaltige z organisiere, da chunnt doch ke Chnoche. Wartet bis zum Langnouer Märit! De heit der Lüt grad zäme, u de rüefe-n eh all us wäg de Batze, wil’s es Gstürm git beim Händele.
Ueli Galli:
Ja, guet... das het öppis für sech. E grossi Landsgmeind am Langnouer
Märit, afangs März. Mit Verträter vo müglechst allne Gmeinde vom
Bärnbiet, vom Aargäu bis zum Oberland, u o mit den Äntlibuecher, di sy
de o am Märit – di hei ordeli Bärner Gäld u flueche nid schlächt. U we die
loslege... de räblet’s!
De sammle mer alli Chlage i’re gmeinsame Bittschrift vo allne
Undertane. ... Z Langnou! Das git es Fest!
Daniel Küpfer: Werum lueget der mi alli so a ? (macht Galli nach) “Langnou”, “Langnou” – heit der nech ja guet usddänkt! U wär söll äch die Landsgmeind vorbereite? Dr alt Chüpfer dänk? Schmiedet ja nümm, het Zyt wie Heu...
Michel Haldemann: Danu – merci für di begeistereti Zuesag! Di Sach isch gritzt. I ha nes paar jungi Type hie im Eggiwil, wo d Lüt chöi ufbiete, o dört, wo si normalerwys nid z Langnou z Märit fahre.
Hans Kräyenbühl: I chönnt ds obere Aargou übernäh. Aber no üppis: Vergässet nid das wäg de Brief u Siegle – das schynt mer fasch ds Wichtigste.
Ueli Galli: I weiss. Also…
(zu Publikum) cha eine vo euch guet läse?
Wer sich meldet, wird mit Applaus bedacht, nach Name, Herkunft und
Beruf gefragt. Wenns jemand aus der Stadt ist, der sich von Berufes
wegen für Schriftstücke der Staatskanzlei interessieren könnte: um so
besser.
De übernimmsch du das! Geisch z Bärn uf d Staaskanzlei u luegsch
düre, was dört alls über d Batze steit – so i de Zwänzgerjahr vor
allem. Aber kes Wort vo üsere Versammlig!
U vergiss nid: d Hoffnig vo der ganze Landschaft lyt uf dir, (Name)!
Uf Wiederluege bis am Langnouer Märit – u jitz stosse mer no alli a: uf üse (Name)!
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*
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Erzählerin auf der Strasse zur Schmitte (Franziska Gerber)
Stoff: Anfangs März1653. Die Berner Landleute
wollten bis zum Langnauer Märit abwarten, Winter und Kälte vorbeiziehen
lassen. Aber im Luzernischen droht jetzt schon der offene Krieg
auszubrechen. Die Entlebucher schmieden Knüttel, gfürchige
Nahkampfwaffen für all diejenigen, die keine Muskete besitzen. Die
Herren der Eidgenossenschaft haben zum Feldzug gegen die Entlebucher
aufgeboten, auch im Bernbiet. Aber wir wollen eher für als gegen die
Luzerner Landleute ins Feld ziehen. Auch Danu Willi, unser Eggiwiler
Schmied, hilft kräftig mit bei der Bewaffnung des Landes und schmiedet
Knüttel nach Entlebucher Art.
Die Strasse ist dunkel. Das Schmieden von Knütteln ist ein
Staatsverbrechen und geschieht in aller Heimlichkeit. Die Erzählerin
ist eine Eingeweihte, sie muss auf der Seite der Harten
(Aufständischen) stehen. Sie kann (aber muss nicht) die Gäste bis zur
Schmitte im Oberhaus führen.
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Szene Oberhaus
Personen: Franz Willi, Schmied im Eggiwil (Klaus Maurer) /
Schmiedknecht Hans Liechti (wechselnde Besetzung) / Christine Willi,
Frau des Schmieds (Christine Kühni/Verena Wüthrich)
Schmitte Eggiwil, anfangs März 1653
Historisches: Am 28. Januar a.S. 1653 schrieb der
Trachselwalder Vogt Tribolet den Gnädigen Herren nach Bern: im
Entlebuch wolle Christen Schibi die „gefrornen Wahlen“ (bestens
gerüstete spanische Söldner), mit denen die Luzerner Obrigkeit das
Entlebuch zu überziehen gedroht habe, mit Knüttel aus dem Land treiben.
Und bereits hätten zwei Langnauer Fuhrleute solche Knüttel ins Emmental
gebracht. (Die Informationen stammten vom Schaffner zu Trub, einem
bezahlten Spitzel).
Im März galt Hans Winkler als „Prügelschmied von Signau“. Die Knüttel
nach Entlebucher Art wurden also auch hierzulande geschmiedet. Von Ueli
Galli ist bekannt, dass er Winkler aufforderte, Linde zu härtnen –
„Linde“, die es mit der Oberkeit hielten, zu „Harten“ zu machen, indem
er sie über die Esse zog. – Franz Willi, der Schmied im Eggiwil, war
einer der Männer, die zur ersten Versammlung bei Ueli Galli aufboten.
Ob er in seiner Schmitte auch Knüttel herstellte, ist nicht
nachzuweisen, aber wohl anzunehmen.
Im Entlebuch ist es zum offenen Aufstand gekommen. Die Luzerner
Regierung hat in der ganzen Eidgenossenschaft um Hilfe nachgesucht.
Überall wurden die Auszüger zum Feldzug gegen die Entlebucher
aufgeboten, aber im (deutschsprachigen) Bernbiet ist kaum jemand dem
Aufgebot gefolgt. Jetzt befürchtet man im Emmental den Einmarsch
fremder Truppen, man solidarisiert sich mit den Entlebuchern.
Wie dies die Entlebucher Schmiede schon vorgemacht haben, stellt auch
Franz Willi im Eggiwil “Knüttel mit Eisenstefzgen” her – Nahkampfwaffen.
Schmitte mit Esse und Amboss.
An der Wand einige Erzeugnisse der Schmiedekunst (Pflug, Egge, auch
schon einige Knüttel).
Willi und der Schmiedknecht schmieden im Akkord – viele
‚Entlebucher Knüttel’ werden gebraucht. Sie können wackere Landleute
(das Publikum) als Hilfskräfte gebrauchen und spannen die Leute auch zu
Handlangerarbeiten ein (Klaus Maurer muss entscheiden, wo die Leute
effektiv mit anpacken können). – Die Schmiede konzentrieren sich vorab
auf ihre Arbeit, geben ab und zu Anweisungen an die HelferInnen oder
Auskunft auf Fragen.
Die Frau wartet auf die Gäste – holt sie vor der Schmitte ab, in aller
Heimlichkeit –, fordert sie zur aktiven Mithilfe auf, hält die
Gaffer zurück (nicht alle können helfen). Erklärt das Handwerk ihres
Mannes, weist die Leute nach einigen Minuten auch wieder aus der
Schmitte hinaus (durch das Tenn), teilt dabei grosse Gästegruppen.
Sorgt dafür, dass die HelferInnen von neuen Kräften abgelöst werden (es
sei denn, sie wünschen dabei zu bleiben bis der Knüttel fertig ist).
Ist eine Waffe fertig, soll sie ein Helfer mitnehmen: das Reisen sei
gefährlich zur Zeit, die Landleute müssten sich wappnen.
Im Tenn Beschallung: Das Entlebucher Tellenlied 1653.
*
*
*
Erzählerin auf der Strasse nach Sumiswald (Claudia Jaussi)
Stoff: 13.April 1653. Die Bauernschaft hat
einige Erfolge feiern können. Der Streit im Luzernischen ist beigelegt.
Als die Berner Herren wie überall in der Eidgenossenschaft zum
Straffeldzug gegen die Entlebucher aufgeboten hatten, ging keiner hin.
Fremde Truppen aus Basel hat man zum Glück (in Aarau) abfangen und
vertreiben können.
Heute ist ein Festtag. Die grosse Landsgemeinde von Sumiswald. Die
Bauern gründen einen grossen Bund, eine Tagsatzung (ein Parlament) der
Untertanen. Einige Landstädte machen mit, einige Tausend Bauersleute
aus Luzern, Bern, Solothurn, Basel und noch mehr werden erwartet, sogar
die Herren sind eingeladen.
Wenn die Regierungen sich absprechen und ihre Truppen über die Grenzen
hinweg verschieben, ist es höchste Zeit, dass auch die Untertanen sich
zusammen tun. Man will sich Beistand versprechen und zusammen schwören.
Alles soll mit erlaubten Mitteln geschehen. Eine Erneuerung des alten
Bundes der Eidgenossen auf dem Rütli. Ein schriftenkundiger Lehrer aus
dem Entlebuch hat alles ganz korrekt vorbereitet. Der alte Ueli Galli
vom Eggiwil hat zur Landsgemeinde aufgeboten und wird sie eröffnen.
Dann wird ein Bundesobmann gewählt – man darf gespannt darauf sein, wer
das sein wird.
Die Erzählerin muss viel über die bevorstehende Versammlung erzählen
– sonst wird die Installation auf dem leeren Platz schlicht
unverständlich und verliert auch ihren Überraschungseffekt.
Die Landsgemeinde von Sumiswald ist keine heimliche Versammlung, die
Menschen strömen in Massen nach Sumiswald –
die Gäste sind einige von ihnen.
Angesichts ihres Wissens ist davon auszugehen, dass die Erzählerin den
Bund befürwortet. Sumiswald ist ein Fest, ein Höhepunkt der
Bauernbewegung. Dieses Hochgefühl ist zu vermitteln, es wäre
stimmungsmässig verfehlt, es durch eine nörgelnde oder heftig warnende
Erzählerin zu brechen.
Sie muss wohl auch eine gewisse Strecke mit den Leuten mitlaufen, um
genügend Zeit zu finden, den Stoff in natürlicher Weise rüber zu
bringen.
Empfehlung: Doppelbesetzung. Claudia allein wird arg in Zeitnot
geraten. Es wäre unangebracht, unterwegs Warteschlangen zu bilden, nur
damit die Leute der Erzählerin begegnen können. – Die Leute werden am
Ende des Wegs zum Einschreiben zur Versammlung etwas anstehen müssen.
*
*
*
Szene vor Äbnit:
Personen: Daniel Schütz, Schreiber (Gregor Schefer)
/ Katharina Eggimann, Schreiberin (Christine Mader/Tanja Maurer)
Empfang zur
Landsgemeinde von Sumiswald
Die
Tagsatzung der Eidgenossenschaft (die Konferenz der Regierungen) hat
den (Entlebucher) Rebellen in unflätigsten Worten Krieg und Vergeltung
angedroht. Zwar wurde vor Luzern ein Frieden geschlossen und zwar
versprachen die abgeordneten Landleute des Amtes Trachselwald in Bern
feierlich Gehorsam, doch ist die Lage gespannt. Die Herren verschieben
Truppen, verstärken die Mannschaften in den Schlössern. In der Tat hat
die Tagsatzung heimlich ein ‚Defensionale’, einen gemeinsamen
Kriegsplan gegen die Untertanen, ausgeheckt.
Den Landleuten wird bewusst, dass auch sie sich über die Kantonsgrenzen
hinweg einigen und absprechen müssen und sich nicht gegeneinander
aufwiegeln lassen dürfen.
In Sumiswald soll ein Bund geschlossen werden, ein Bund nach dem
Vorbild der alten Eidgenossen. Heute versammeln sich hier gegen 2000
Landleute, aus jeder Gemeinde 2 Abgeordnete. Die Landsgemeinde hat
nichts Heimliches an sich, sie hat Festcharakter, auch die Herren von
Bern sind dazu eingeladen, auch Beobachter aus Zürich und einige
Ehrengäste mehr, u.a. der Secretarius des Französischen Gesandten (M.
de la Barde in Solothurn).
Die Oberemmentaler waren auf Berner Seite die treibende Kraft zu dieser
Landsgemeinde, Ueli Galli wird sie eröffnen. Landespannermeister
Emmenegger aus dem Entlebuch wird zum Bundesobersten gewählt werden,
zum militärischen Führer des Bundes. Die politische Führung wird ein
Bundesobmann aus dem Bernbiet übernehmen. Man war gespannt drauf, wer
das sein würde.
Jetzt, da die Landsgemeinde schon im Gang ist, wissen es alle (auch die
Schreiber): Niklaus Leuenberger vom Schönholz (Rüderswil) spricht als
Obmann des neuen Bundes.
Schreiberin und Schreiber
sitzen – mit Schreibzeug und grossen Listen ausgestattet – in der
letzten Wegkurve unterhalb des Äbnits. Die Listen enthalten schon sehr
viele Namen. Die Gäste gehören zu den Nachzüglern. Oben auf dem Äbnit
ist die Landsgemeinde im Gang. Auch die Herrendelegation (mit Venner
Frisching) ist schon eingetroffen, ebenso der Secretarius der
französischen Ambassade, viele Landleute aus dem Luzernischen, dem
Solothurnischen und dem Baselbiet.
Die Schreiber halten die Leute an.
Sie fragen nach Namen und Herkunft (Gemeinde) und schreiben diese
Angaben auf.
Bei Leuten aus entfernten Gemeinden zeigen sie sich hoch erfreut,
bemerken allenfalls: von so weit weg habe man wirklich keine Gäste
erwartet. Bei unbekannten Gemeinden fragen sie nach dem “Gebiet” (dem
Kanton).
Kommen Leute aus der Stadt Bern und tragen sie einigermassen
altbernische Namen, so behandeln die Schreiber sie ausgesprochen
höflich: sie nehmen an, diese Gäste gehörten zur Delegation der Berner
Herren um Venner Frisching – ziehen eine Extra-Liste hervor und
schreiben HERR ... BERN
oder MADAME ... BERN – die Damen und Herren der Berner
Burgerschaft seien hoch willkommen und sollten sich doch selber
überzeugen, dass alles mit rechten Dingen zugehe – der Herr Venner
Frisching und der Münsterpfarrer seien auch schon da.
Erklären sich Leute mit offenbar minderen Namen aus der Stadt, werden
sie gefragt, ob sie von den Gnädigen Herren (der Regierung) geschickt
seien? Vermutlich nicht. Dann: wir freuen uns besonders, dass auch
Hindersässen aus der Stadt mit uns den Bund schwören wollen! (Wir haben
ja alle die gleichen Probleme). Es soll ein Bund aller Untertanen
werden, nicht bloss ein Bauernbund.
Vom Einschreibetisch begeben sich die Gäste hinauf zum Versammlungsplatz (Äbnit). Der Platz ist leer, akustische Installation.
Installation auf dem Aebnit
Landsgemeinde von Sumiswald, 13./23. April 1653
Leerer und unbeleuchteter Platz. Rundum aus Lautsprechern Geräusche einer Volksversammlung. In der Mitte des Platzes ein beleuchteter
Tisch mit den Namen der Hauptredner von Sumiswald, dazu je eine Taste,
mit der die Gäste sich den gewünschten Redner aussuchen können.
Die Reden sind oft in einzelne kürzere Abschnitte unterteilt, damit
eine einmal gewählte Rede nicht mehrere Minuten andauert.
Will jemand eine laufende Rede durch antippen einer anderen Taste
unterbrechen, reklamiert der Tisch: Lasst ihn doch ausreden! Psst...
Finger ab der Rösti! oder ähnlich.
EinE HelferIn muss aufpassen, kann sich unter die Leute mischen. Soll nicht die Szene erklären, kann aber z.B. beim Bundesschwur auf die Stimme Leuenbergers hören, niederknien, und die Leute auffordern, es ebenso zu machen.
Texte: Die Texte der Reden entsprechen - in gekürzter
Form - den Reden, die gemäss Zeugenberichten an dieser Versammlung
wirklich gehalten wurden. Eine unhistorische Zugabe ist Bauarbeiter
Pfeuti aus Oppligen (Gölä).
DIE REDEN
Ueli Galli, Bauer aus dem Eggiwil (Stephan Hottenberg)
Im
Name vo dr Bärner Bureschaft begrüesse-n i euch zu däm grosse Tag z
Sumiswald. Dr 13. Aprille 1653, oder dr 23. für d Katholike unger üs,
wird als grosse Tag y d Gschicht vo der schwyzerische Eidgenosseschaft
ygah; als Tag, wo mir der alt Schwur vom Rütli erneueret u y schwäre
Zyte es neus Mitenander vo allne Schwyzer gschaffe hei.
------------
Mir hei offizielli Verträter us vier eidgenössische Ständ under üs. I
ha d Ehr, euch dr Chlous Leuebärger vom Schönholz vorzstelle. Er leitet
die hütegi Landsgmeind – u-n er wird am neue Bund als Obmaa vorstah.
Applous für e Chlous Leuebärger! (Spärlicher Applaus). So,
chumm chly nächer Chlous, zeig di!
------------
Us em Äntlibuech sy die höchste Landesbeamte-n agreist: dr
Pannermeister Hans Ämmenegger u dr Landessiegler Chlous Binder. Dr
Chlous isch vo Äschlismatt, er het zum Zstandcho vo däre Landsgmeind
viel bytreit, u-n er wird sicher o no nes paar Wort zue nech rede.
(Applaus).
D Basler gseh-n i hie rächts vorne (Applaus), d Solethurner sy
mehrheitlech dört um d Linde-n ume (Applaus).
Es wird no ne Huufe gredt wärde hüt – i mache jitz Platz für angeri,
für jüngeri, u wünsche nech es guets Glinge.
Niklaus Leuenberger, Landwirt vom Schönholz, Obmann des Bundes
(Samuel Balmer)
I danke mym Vorredner für syni
interessante-n Usfüehrige.
U euch alli bitte-n i doch um meh Disziplin. Eui Privatgespräch chöit
der u usserhalb vom Ring füehre, u Lüt, wo derzwüsche rüefe oder meine,
si chönne e Redner dür ne Chnopfdruck abstelle, chan i hie nid dulde.
Dänket dra, dass o die hinderste no ds guete Rächt hei, d Rede z ghöre.
-------------
Eues Verhalte zeigt mer o, dass mer hie u hüt chuum zu re allgemeine
Zuestimmig über üse neu Bundesbrief chöme. Es chunnt vilecht für vieli
e chly gar stotzig, mir müesse no über d Form diskutiere, u i ha d
Organisatore gloub rächt verstande, we-n i säge, dass mer y re Wuche no
mal wärde zäme cho. Bis denn hei mer de o dr Wortlut vom Bundesbrief
usgfielet.
-------------
Für hüt frag i nech eifach das a, wo der Sinn vo üsem Bund usmacht: Wei
mir alli fest zämehäbe? (Zustimmendes Raunen).
Da dermit schyne alli yverstande – i gseh u ghöre ämu ke Gägestimm.
Wei mer dr Bund mit em ne göttleche-n Eid beschwöre? Oder gits Bedänke
dergäge – dass me vilecht nume nes eifachs Gelübde wett ablege? (Raunen).
I gseh, mir sy eihellig für e-n Eid.
So bitte-n ech alli abzchneule u die rächti Hand zum Schwur z erhäbe.
(Pause. Dann feierlich:)
Wir, die hier versammelten Untertanen us vier Orten, wollen fest
zusammenhalten und einander bystehen in Not und Gefahr.
(Dann die Eidesformel) Wie die Gschrift weist, die mir
vorgeläsen ist, deren will ich nachgehen, erstatten und vollbringen, in
guten Treuen, so wahr mir Gott helf, ohn alle Gefehrdt.
-------------
Damit mir üse Bundesschwur o chöi düresetze, bestimme mir aschliessend
e gmeinsame Chriegsrat. Zum General-Oberst isch dr Hans Ämmenegger vo
Schüpfe vorgschlage, Landes-Pannermeister vom Äntlibuech. D Schryber
nähme jitz wyteri Vorschläg us de einzelne Orte entgäge.
Das duuret es Wyli. Für die, wo’s jitz scho läng worde-n isch: mir
träffe mir üs i einere Wuche wieder, am Mittwuch am 20 April, am
dryssigste für d Katholike, um die glyche Zyt, u zwar z Huttu – i-n ere
Stadt, wo ganz uf üsere Syte-n isch. Dört beschwöre mir üse Bundesbrief
y syre ändgültige Fassig.
Niklaus Binder von Escholzmatt,
Landessiegler des Entlebuchs (Hans Schmidiger)
Mir
Luzärner Landlüt sy vor Luzärn zoge. Es sy Here us füf Orte cho, um üsi
Chlage z beurteile. Sie hei e friedleche Schiedsspruch gfällt, wo allne
Straffreiheit zueseit u no einiges meh.
E Wuche druf isch es Mandat vo dr Eidgenössische Tagsatzig erschiene,
Da steit, d Undertane sygi “Aufwiegler und ihres gleichen böse Buben” ,
“ teils boshafte, teils unbesonnene und verirrte Leute”, wo dür schwäri
Sünde gfählt heige. Üse-n Ufstand syg entstande wäge falsche Bhoutpige
vo “wenigen verdorbenen, auch in Schulden und Nöten steckenden
Personen, die andere mit ihrem Gift unter falschem Schein auch
angesteckt haben.” Jedi “Zusammenrottung” – u da drunder verstöh si o
freyi Landsgmeinde, wie die hüt – bedrohe d Here mit Lyb- und
Läbensstraf.. U am Änd heissts no, die Unghorsame und Widerspänstige
heige nüt dr Zorn u dr Fluech Gottes, o schwäri Straf un Ugnade vo der
Oberkeit z erwarte.
Myni liebe Landlüt us em Bärnbiet u vo süsch überall – hei mir das
under emne Friede mit de Gnädige Here z erwarte? I säge nech eis: Üsi
Chlage u üse Bund sy gerächt, u es sy nid mir, wo sech über alti
Freiheit u alli Versprächige hinwägsetze, sondern d Oberkeite!
Mir dulde nid, dass me-n üs derart beschimpft u belügt u bedroht.
------------
I ha grad vori es Exemplar vo üsne Chlage am Herr Baron überreicht, am
Sécretaire vom französische Ambassadeur, wo hüt under üs wylet. Er het
sech mit eme Goldgulde bedankt. Me gseht: o im Usland wärde mer ärnst
gnoh. U um das wärde o üsi eigene Here gly nümm drum ume cho.
Ueli Schad, Weber aus Oberdorf BL (Dieter Albrecht,
in Dialekt)
Mein
Name ist Ueli Schad. Wie ihr hört, vertrete ich das Baselbiet. Ich bin
nicht Bauer, wie die meisten hier, ich bin Weber im schönen Dorf
Oberdorf.
Ich kann euch gute Nachrichten überbringen: die Stadt Liestal und ihre
Bürger sind fest auf der Seite des grossen neuen Bundes!
-----------
Am Gründonnerstag haben die Herren Dreizehn Liestal besetzt. Und weil
sie keine Soldaten im eigenen Land gefunden haben: mit Söldnern aus dem
Elsass und noch einigen Zuzügern aus Mühlhausen, mit Ausländern also.
Das Kommando hat ein alter Oberst aus St.Gallen geführt, Zörnlin mit
Namen. Eine unsägliche Truppe.
Wir haben Alarm geschlagen, über den Hauenstein hinüber bis ins
Solothurnische, und innert Stunden sind wir mit über tausend Mann vor
Liestal gestanden. Der Bürgermeister von Liestal meinte noch, er könne
uns mit einem Fass Wein abfüllen und heimschicken. Da hat er sich aber
bös getäuscht.
In der Stadt innen haben die Liestaler zu spüren bekommen, was man in
Basel von ihnen hält. Als “Leibeigene” hat man sie beschumpfen; sie
müssten folgen, mit der Muskete antreten und auf die Bauern schiessen.
Wir haben draussen getrommelt und gerufen: wir machten das Baselbiet
zum 14. Ort der Eidgenossenschaft, und Liestal werde unsere Hauptstadt!
Da ist den Bürgern der Entscheid leicht gefallen. Sie haben sich
geweigert und ihrerseits den Abzug der fremden Truppen gefordert. Und
so ist es geschehen. Der Zörnlin und die mitgereisten Ratsherren
handelten mit uns einen Rückzug mit gelöschten Lunten aus. Wir sind ja
nicht so... wir haben sie ziehen lassen. Die hatten aber den Gack in
den Hosen!
------------
Wie wir am Abend noch mit den Solothurnern zusammenhockten, haben wir
ausgehandelt, dass es beim nächsten Mal anders rum gehe: statt drauf zu
warten, dass dieser Oberst Zörnlin wieder Truppen sammelt und ein
Städtchen besetzt, könnten wir auch mal vor die Stadt Basel ziehen und
dort die Damen und Herren vom Teig in den Rhein werfen, dass wir mal
Gerechtigkeit, Frieden und Ruhe haben in unserem Land.
Hans Jakob Müller, Schulmeister und Schreiber aus Schüpfheim
(Urs Hostettler)
I
verliese nech der Bundesbrief, wie mer ne-n aschliessend zäme wette
beschwöre, u i hoffe, dass alli chöi zu däne drei Artikle stah:
1. Man hat geschworen, dass man den ersten eidgenössischen Bund,
welchen die Eidgenossen vor etlichen hundert Jahren zusammen
geschworen, erhalten, die alten Rächte im Vaterland erneuern und
erhalten, die Ungerächtigkeiten und Beschwärden abtun, bei solchem
einander schützen und schirmen will mit Lyb, Guet und Bluet.
Was den Herren und Oberkeiten zuegehört, soll ihnen zuekommen und
glychfalls den Undertanen, was diesen gehört.
Ein jeder söll in syner Religion verblyben. Jedoch söll allezyt der
katholische Glauben vorgehen. (Raunen und Pfiffe).
------------
2. Wir wollen alle neuen, ungueten Aufsätze absetzen.
Wenn es sich aber begäbe, dass eine Oberkeit mit ihren Undertanen in
Stryt geriete, so sollen sie nicht gägeneinander usziehen, sondern mit
güetlichem Verglych sich wieder miteinander verglychen. Sollte ein
Verglych nit möglich syn, so söllen die Oberkeiten und Undertanen der
anderen Orte vermittlen und sowohl die Oberkeiten als die Undertanen by
ihren urkundlichen Rächten und Freiheiten schützen und schirmen. Mit
gueten Mahnungen söll die Unrächt habende Partei abgewiesen werden.
Wenn aber eine Oberkeit frömdes Volk oder heimisches gegen die
Undertanen füehren will, so söllen alle Undertanen dies Undernähmen mit
Güete abwysen, und wenn dies nichts nützt, mit den Waffen zum Land
hinausschlagen, lut unseres Eidschwures.
Samuel Frisching, Venner zu Metzgern der Stadt Bern (Hans Wüthrich,
Signau)
Wärti Undertane vo dr löbleche Stadt Bärn,
wo d Äntlibuecher ihre Treueeid ganz vergässe hei u i hochsträflecher
Wys bewaffnet vor ihri Stadt Luzärn zoge sy, hei mir z Bärn
Buredelegatione beherbärgt – drunder o dr Leuebärger, wo hie die
Versammlig füehrt, was er sehr guet macht, i bi agnähm überrascht –,
mir hei eui Chlage aglost u sy nech entgägecho, so wyt mir das vermöge.
Derfür hei nis die Buredelegierte im Name vor Landschaft neui Treui
gschwore.
So chöi mir no mitenander rede, u so sölls o blybe im Bärnbiet.
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Es isch in Bärn no immer viel guete Wille für d Bure vorhande. We dir
neui Chlage heit, so chömet dermit zu de Gnädige Here, mi wird nech
erhöre. Das isch der richtig Wäg. (Einzelne Pfiffe, Murren).
Aber löht nech doch ums Himmels Wille nid uf dä uselig Burebund y!
Bedänket doch – dir verbündet nech dermit uf Gedeih u Verderbe mit däne
berüchtigte papistische Äntlibuecher! Weit dir würklech für die Rabouke
gah chriege, we si wieder emal d Stadt Luzärn agryfe?
(Zwischenrufe, Pfiffe, “aufhören!”)
Dir stellet nech nid vor, wie liecht das cha passiere! D Herre vo
Luzärn chöi die masslose Forderige vo däne Chriegstryber nid erfülle, u
scho geits wieder los gäge d Stadt, u de wird Bärner Bluet fliesse wäg
der sinnlose Strytsucht vo däne Hinderwäldler mit ihrne lächerleche
Chnüttle. U was isch, we si z Luzärn irgendeine abstrafe, wo ehrbare
Bürger d Ohre-n abschnydet? De müesst dir wäg so meine Rüppel y ne
Chrieg zieh, wo die ganzi Eidgenosseschaft y nes Bluetbad trybt, u zwar
y nes Bad vo Burebluet, so viel chan i nech versichere...
(Die Rede geht endgültig in Buhrufen und Pfiffen unter. Frisching
bricht ab).
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Szene auf der Matte beim
Wasenweg Aebnit-Ey, oberhalb Beiesli
Personen: Alex Sorbas,
Holzbau, Sorbach (Babu Wälti) / seine Auftraggeberin Elisabeth
Stettler, Witwe des Sägers (Madlen Wüthrich) / deren Knecht Ruedi
Schenk, Teekoch (Ruedi Wüthrich/Christian Zürcher)
Die Seilbahn,
Eggiwil 1653
Historisches: Die Holzwirtschaft und die Flösserei
hatten von jeher eine grosse Bedeutung im Eggiwil.
Der gescheiterte Holzbahnbauer Alexis Sorbas entsprang allerdings einem
Film der sechziger Jahre. Von einem Griechen ist im Eggiwil des Jahres
1653 nirgends die Rede.
Obwohl die Migration damals nicht in heutigem Ausmass bestand und die
Schweiz als Auswanderungsland galt, ist ein Fremdling im Emmental nicht
ganz abwegig. Während des Dreissigjährigen Kriegs siedelten sich hier
etliche Flüchtlinge an (so war u.a. der Bundesschreiber der Landleute
ein Deutscher: Notar Hans Konrad Brenner aus Konolfingen), wenige
Jahrzehnte darauf strömten hugenottische Flüchtlinge aus Frankreich ins
Land.
Die
Bergstation einer Holzseilbahn, offenbar erbaut, wie eine Werbetafel
besagt, von “A. Sorbas, Holzbau”. Die Bergstation ist von einem Feuer
erleuchtet, da kochen die Witwe und ihr Knecht Kräutertee und bietet
diesen den Gästen an, vor allem den wartenden Gästen.
Die Seilbahn führt in die Tiefe (auf den Vorplatz W Beiesli). Dort
unten ist’s arg finster. Weiter unten sind die Masten der Seilbahn
beleuchtet, die offenbar zu Emme hinunter führt. Aber... die Masten
sehen alles andere als vertrauenswürdig und tragfähig aus, sie sind
teilweise umgestürzt oder geknickt.
Sorbas fordert die Leute auf, zu je zweien auf seine Holzbahn zu
steigen und sich hinunter fahren zu lassen. Das sei der einzige Weg,
diesen steilen Hang zu überwinden. – Die Holzbahn sei noch nicht
perfekt, aber die erste Strecke, die sei stabil und ungefährlich. Man
müsse sie vielleicht noch etwas testen, bevor man das ganze grosse Holz
hinunter sausen lasse, aber Menschen seien ja viel leichter – kein
Problem.
Witwe Stettler unterstützt die Bemühungen von Sorbas – man solle es mal
mit den Leuten versuchen, bevor sie ihr gutes Holz auf die Piste
schicke.
Weigern sich Gäste, die Fahrt anzutreten oder machen sie medizinische
Gründe aller Art geltend, führt der Knecht sie mit Fackeln den Wasenweg
zur Ey hinunter und von da zum Beiesli. Ein Umweg, aber leicht zu
erlaufen, wenn der Knecht auf die Karrenfurchen aufmerksam macht, auf
die es zu achten gilt.
An der Talstation des Bähnchens nimmt ein
Helfer– ich sähe ihn als gfürchige Gestalt: Maske?, Hexe?, Aussätzige?
– die Leute in Empfang und weist sie mit stummen Gesten zum Beiesli
weiter.
*
*
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Das Haus des
Müliseilers
Zur
Zeit des Bauernkriegs wirkte im Eggiwil - im Sorbach - der berühmteste
Wunderdoktor des Bernbiets, der Tierdoktor Andreas Moser, genannt der
Müliseiler.
Jeremias Gotthelf gibt in “Die Rotentaler Herren” die Sage wieder,
wonach der Müliseiler nach dem Bauernkrieg jeweils um die
Walpurgisnacht in den Städten Bern, Basel, Zürich und Luzern die toten
Herren von den Friedhöfen holte und sie in einem Geisterzug, von Ungeheuern mit Geisseln getrieben, ins
Rotental bei der Jungfrau führte, wo sie noch einmal einen
schrecklichen Tod durch Steinigung erfahren mussten.
Historisch belegt ist der Prozess gegen den Wunderdoktoren, der im Jahr
1668 zu seiner Verbannung aus dem Bernbiet führte. Ein Hauptpunkt des
Prozesses war die Austreibung des Berner Henkers, Meister Michel
(Berchtold). Nach seinem Tod hatte seine Witwe den Müliseiler gerufen,
weil sein Geist in der Wohnung am Zibelegässli sein Unwesen trieb.
Der Müliseiler arbeitete mit Kräutern, mit Segenssprüchen und rief auch
Geister herbei - aber nur im guten christlichen Sinne, wie er betonte.
Teresa Burren
gestaltet das Beiesli zum verlassenen Haus des Wunderdoktors – mit
Kräutern, Essenzen, Gerüchen, Klängen.
*
*
*
Szene Senggen-Scheuer
Personen: Käser Markus
Leuenberger / drei Köchinnen (Silvia Hirsbrunner, Anna-Rosa Jutzi,
Madeleine Thierstein)
Verpflegung, Eggiwil
1653
Markus
Leuenberger käst nach alter Art, mit Sirte, über offenem Feuer.
Die Köchinnen kochen nach Rezepten aus einem Berner Kochbuch des 18.
Jhs., ebenfalls über dem offenen Feuer.
Die Gäste können Käser und Köchinnen bei ihrer Arbeit
zuschauen. Wenn möglich (und nötig) spannt der Käser den einen oder
anderen Gast für Hilfsarbeiten ein.
Der Käser verteilt Müsterchen von Käse, die Köchinnen bieten in einer grossen Schale (?) Wasserküchlein und Hirseküchlein an (wohl mit 1 Löffel für jedeN).
Die SchauspielerInnen kochen und käsen im
Prinzip stumm – sie Schauspieler erklären nicht laufend ihre Tätigkeit
–, sie sollen aber auf Fragen und auf interessierte Beobachter
eingehen. Eine Köchin übernimmt den ‚Service’: stellt Gekochtes und
Käse bereit, proportioniert diesen, lädt die Leute zum Essen ein.
Die Leute können gerne eine Weile hier an der Wärme verweilen, können
sich aufwärmen und nach Bedarf die angebotenen Häppchen essen, auch ein
2. Mal zugreifen, bloss nicht Käse in Mengen einstecken. Danach zeigt
ihnen die Serviererin den weiteren Weg: hinauf zur Schulstube.
Geschickte Koordination mit Helfer vor
Schulstube ist erwünscht, damit die Leute
nicht minutenlang vor der Schulstube anstehen müssen.
*
*
*
Szene Heubühne oberer Senggen:
Personen: Schulmeister Ueli Schindler (Marc Lauper), 5-7
SchülerInnen (abwechselnd von Siehen, Lebern und dem Schulhaus Eggiwil)
Schulmeister Ueli Schindler:
Ueli Schindler ist im Eggiwil als Schulmeister tätig. Er unterrichtet
die Kinder drei Jahre lang, besser: drei Winter lang. Das Pensum: im 1.
Jahr lesen lernen, im 2. Jahr schreiben lernen, im 3. Jahr
Katechismus-Unterricht. Dazu werden fleissig Psalmen gesungen.
Ueli Schindler kann vom schulmeistern allein nicht leben. Da er keinen
eigenen Hof hat, aber eine Frau (Barbara) und ein Baby (*Februar 1653),
verdingt er sich im Sommer an einen Hofbauern. Bestimmt bietet er den
Landleuten auch seine Lese- und vor allem Schreibkünste an.
Ueli Schindler erweist sich im Bauernaufstand 1653 als Revolutionär. Er
ist an wichtigen Versammlungen mit dabei, teilweise gar als Schreiber.
Er ist einer der wenigen, die sich offen gegen den ‚Bauernkönig’
Leuenberger wenden: als Leuenberger am 28.Mai in Herzogenbuchsee die
von Daniel Küpfer aufgebotenen Bauerntruppen nach Hause schicken will,
immer noch im Wahn: man könne dem Friedensvertrag vertrauen, ruft Ueli
Schindler aus: man solle den Leuenberger binden und abführen!
Schindler wird am 4.November 1653 in absentia zum Tode verurteilt, aber
nie gefasst.
Zitierte Texte: Aus dem Sonnleitner-Katechismus
17.Jh., Psalm 17 aus dem bernischen Psalmenbuch 17.Jh. (beide im
Staatsarchiv Bern).
Schulmeister Schindler steht vor seiner Klasse von ca. 6 SchülerInnen. Die SchülerInnen dürfen unterschiedlichen Alters sein. Sie sitzen in Pulten, haben je eine Feder und ein Tintenfass, ein Schriftstück und Papier vor sich. Zwei Pulte in den hinteren Reihen sind unbesetzt.
Schulmeister: Wir lesen da weiter, wo wir gestern stecken geblieben sind. Ruft zwei Schüler oder Schülerinnen auf – Nr. 1 “die Frage”, Nr.2 “die Antworten”.
Schüler 1 (liest ziemlich stockend): “Woran erkennest du dein Elend?”
Schülerin 2: “Aus dem Gesetz Gottes”
Schüler 1: “Was erfordert dann das Gesetz Gottes von uns?”
Schülerin 2: “Diss lehret uns Christus in einer summa / Matthei am zwey und zwanzigste Capitel:/ Du solt lieben Gott den Herren / von ganzem Herzen / von ganzer Seelen / von ganzem Gemüth und allen Kräften. / Diss ist das fürnembste und grösste Gebot. / Das ander aber ist dem gleich: / Du solt deinen Nechsten lieben als dich selbst. / In diesen zweyen Geboten lieget das ganze Gesetz und die Propheten.”
Schüler 1: “Kannst du diss alles vollkommlich halten?”
Schülerin 2: “Nein. Dann ich bin von Natur geneigt, Gott und meinen Nechsten zu hassen.”
Schüler 1: “Hat Gott den Menschen also bös und verkehrt erschaffen?”
Schülerin 2: “Nein: Sondern Gott hat den Menschen gut und nach seinem Ebenbild erschaffen / das ist / in lauter Gerechtigkeit und Heiligkeit / auf dass er Gott seinen Schöpfer recht erkennt und von Herzen liebte / und in ewiger Seligkeit mit ihm lebte / ihn zu loben und zu preisen.
Schüler 1: “Sind wir dermassen verderbt, dass wir ganz und gar untüchtig sind zu einigem Guten und geneigt zu allem Bösen?
Schülerin 2: “Ja, es sei denn, dass wir durch den Geist Gottes wiedergeboren werden.”
Schüler 1: “Will Gott solchen Ungehorsam und Abfahl ungestraft lassen bleiben?”
Schülerin 2: “Mitnichten: Sondern er zürnet schrecklich. / Verflucht sei jedermann / der nicht bleibet in all dem / das geschrieben stehet in dem Buch des Gesetzes, / dass er’s thut.”
Irgendwann während dieses schülerhaft gelesenen Dialogs bemerkt der Schulmeister die Gäste aus der Zukunft. Er wendet sich entschuldigend an die Gäste: er habe die Schüler nur drei Winter lang in der Schule. In Zukunft werde man wohl fünf oder gar sechs Jahre die Schule besuchen und mit feinen Kupferfedern schreiben. Die Menschen würden alle sehr gebildet sein.
Schulmeister: Wir haben noch Plätze frei: kommt, nehmt Platz! Wir sind sehr gespannt auf unseren Besuch, gäuet (sucht Bestätigung bei der Klasse).
Schüler 3 (streckt Hand hoch, bis der Lehrer ihn sprechen lässt – während die Gäste Platz nehmen): Stimmt es, dass die Menschen in der Zukunft schreiben können wie das Bisiwetter und den ganzen Katechismus auswendig und nie Fehler machen?
Schulmeister: Das werden wir gleich sehen.
(Nachdem die Gäste sich gesetzt haben.)
Nehmt jetzt Papier und Feder. Schreibt euren Namen und dann ein
Sätzlein, was ihr euch von der Zukunft wünscht. Wir schreiben schön
zusammengehängt in der Schnürlischrift, wie wir’s gelernt haben.
SchülerInnen und Gäste
schreiben. Weil dies mit extrem weichem Papier,
Gänsefeder und Russ-Tinte nicht einfach ist, werden die Gäste
wohl arg mit Tolggen und in einander verlaufenden Schriften zu kämpfen
haben.
Der Schulmeister geht bedächtig durch die Pultreihen, blickt den Leuten
über die Schulter. Er ist entsetzt über die Tolggen der Besucher. Erst
blickt er verschämt weg und brummelt was vor sich hin, dann
reisst ihm der Geduldfaden. Er nimmt dem am
schlechtesten schreibenden Gast das Papier weg, greift sich auch
ein Blatt eines (besonders schön schreibenden) Schülers und präsentiert
die beiden Werke dem Publikum.
Schulmeister: Schauen Sie mal!
(Schülername) wünscht sich... Ist eine Freude, sowas zu lesen, gut
gemacht. - Aber das! (zeigt das Geschreibe des Gasts) Nichts
als Tolggen. Grauenhaft. (Zum Gast) Nimm das zurück in die
Zukunft, sowas können wir hier nicht brauchen!
Schulmeister: Schwamm drüber! Machen wir
weiter mit dem Spruchbüchlein der heiligen Schrift.
(Zu Schüler 3): .(Name), welches ist der 8. Articul des
Christlichen Glaubens?
Schüler 3: “Ich glaub in den Heiligen Geist”.
Schulmeister (zu einem Gast): Articul 9!
Der Gast wird wohl irgendwas von sich geben, was der Schulmeister als
unrichtig erkennt. Der Schulmeister kann die Antwort kurz
kommentierend, wohlwollend, aufbauend, aber doch tadelnd: Die Glaubensartikel müssen wie aus der
Pistole geschossen kommen! Und richtig!
Schulmeister: (zu Schülerin 4) ...(Name), Articul 9!
Schülerin 4: “Eine heilige allgemeine christliche Kirche / eine Gemeinschaft der Heiligen.”
Schulmeister (zu einem Gast): Und was ist
die Gemeinschaft der Heiligen?
Wieder wird die Antwort wohl daneben liegen. Der Schulmeister wendet
sich an Schüler 5: ... (Name), sag du es ihm/ihr!
Schüler 5: Eine Gemeinschaft aller Gläubigen.
Schüler 3 (streckt die Hand hoch, schnippelt mit dem Finger, will was sagen. Der Schulmeister ruft ihn auf): Das Wasser der Gerechtigkeit!
Schulmeister: Ja, ja. Das wisst ihr. Henusode: Was ist das Wasser der Gerechtigkeit?
Schüler 3: “Das ist / dass alle bereit seyen / Gott in Gerechtigkeit zu dienen / und seinen Willen zu vollbringen / welches aber ohne Streit nicht gehen kann.”. Bärn gah erobere, der Leuebärger wird neue Schultheiss u dr Galli sy Stellverträter!
Schulmeister: Es isch no ne länge Wäg uf
Bärn yne. U wenn scho ne neui Oberkeit, de lieber umgekehrt. Viel
lieber!
So – während nun die Gäste hinausgehen, singen wir ihnen den Psalm 17.
Strophe 1, 5 u 6. Dazu stehen wir auf. Ich bin froh, dass wir da hinten
(die Gäste) einige zusätzliche kräftige Stimmen haben.
Singen. Die Schüler singen auswendig. Die
Gäste werden vermutlich bereits mit dem Stehen in den engen Pulten ihre
Mühe haben, vom seltsamen Psalm ganz zu schweigen.
Während die anderen Gäste den Raum verlassen, begibt sich der
Schulmeister singend zu den hinteren Pulten und verabschiedet mit
Gesten seine SchülerInnen aus der Zukunft.
Ende der Schulstunde. Die Gäste dürfen ihr Papier mitnehmen.
PSALM 17
Hör mein Geschrey, vernimm mein Flehen,
Welches mir thut von Hertzen gehen
Ohn all des Munds Betrieglichkeit.
Dich HERR, ich zu einem Richter mache,
Ich bitt, schau auf die Billichkeit
Und urtheil nach Gerechtigkeit
In dieser meiner rechten Sache.
Hilff dass ich vor
den Feinden mein
Die mir trachten nach Leib und Leben
Und allenthalben mich umgeben
Mag ohn Gefahr und sicher seyn.
Vor Fettigkeit ihr Hals gar donet
Sie reden stolz und geht mir nach
Mich zu erdappen ist ihn gach
Zur Erd zu stürzen unverschonet.
Sie sind gleich
einem Löwen wild
Der einen lauret zu erworgen
Und wie ein junger Löw verborgen
Auf einen aus der Höhlen zielt.
Drum komm ihn vor, o HERR, beyzeiten
Und schlag sie nider zu der Erd
Rett meine Seel mit deinem Schwert
Mit dem Du andre thust bestreiten.
*
*
*
Erzählerinnen
Kunzens Matte (Barbara
Liechti, Elisabeth Wüthrich)
Stoff: 11. Mai 1653. Die Alarmglocken haben
überall im Emmental geläutet. Eine grosse Armee von Welschen nähert
sich von Westen her dem Bernbiet. Die Brücken von Gümmenen und Aarberg
hat man zum Glück noch sperren können. Jetzt ziehen die Landleute
bewaffnet vor die Stadt Bern. Man hat lange genug erfolglos verhandelt,
und diese welschen Armeen schlagen dem Fass ja wohl den Boden aus!
Kraft des Bundes von Sumiswald marschieren auch 1000 Entlebucher auf
Bern zu, den Bernern zu Hilfe.
Die
Erzählerinnen läuten die Sturmglocke auf Kunzens Matte, wenn eine
Gästegruppe die Schulstube verlassen hat.
Figuren frei wählbar (Idee Elisabeth und Barbara: Kräuterfrauen). Wenn
möglich die Ausziehenden nach Waffen fragen - die würden nun gebraucht.
Bei fehlenden Waffen können die Kräuterfrauen einigen Gästen
Giftkräuter für den Schultheissen anbieten.
Bei Schlechtwetter (rutschigem Terrain) müssen die Leute die Strasse zu
Gassers Senggen runter geführt werden, den ankommenden
Schulstuben-Besuchern entgegen - die Erzählerin muss sie in diesem Fall
bis unter den Senggen als geschlossene Gruppe führen, um Verwirrungen
zu vermeiden.
*
*
*
Szene vor Buchschachenbrücke
Personen: Reinhard
Tschäppät, Stadtwache (Walter Schlüchter) / Albert Tellenbach,
Wachtkommandant (Jürg Bieri)
Am Stadttor zu
Bern, 13. Mai 1653
Die Stadt Bern ist seit zwei Tagen
von Bauernhorden belagert.
Drinnen in der Stadt, im Rathaus, tagt der Rat der 200 (der Grosse Rat)
zusammen mit dem Kleinen Rat (der Regierung). Amtierender Schultheiss
(Stadtpräsident) ist Herr Anton von Graffenried II. (der I. war
ebenfalls Schultheiss und ist 1628 an der Pest verstorben – es ist gar
nicht so ungewöhnlich, dass die höchsten Ämter der Stadt vom Vater auf
den Sohn übergehen – aber so gewöhnliche Familien wie Tschäppäts haben
da natürlich nichts zu suchen).
Die beiden bewaffneten Wachen halten die Leute
ziemlich barsch an... wobei die beiden arg übermüdet und lahm in Körper
und Geist wirken. Flügzüüg-Tempo.
Tschäppät: Wär da?
Tellenbach: Wär syt der? U werum?
Tschäppät: Es heisst zersch no: Was weit der? u ersch nächär: Werum?
Tellenbach: Du söllsch mer nid vor allne Lüt dryrede! Das untergrabet my Outorität als Wachkommandant. Auso: Wer syt der? U werum?
Die Ankömmlinge werden irgend eine Auskunft
geben. Vielleicht: einfache Landleute, vielleicht ihre richtigen Namen,
vielleicht einen Jux. Das ‚warum?’ wird auf jeden Fall etwas seltsame
Auskünfte hervorbringen, so dass ihr weiter im Text anknüpfen könnt.
Tellenbach: Du, Tschäppät, di Type chöme mer irgendwie verdächtig vor.
Tschäppät: Komeschi Vögu!
Tellenbach (schaut
in die Baumkronen): Wo?
Tschäppät: Nid d Spatze, Dälebach! D’
Möntsche!
(Variante *: Di Verdächtige! Dann weiter bei ***)
Tellenbach: Du wosch mi höchnäh! I ha gmeint, du gseisch e Muursägler.
Tschäppät: Im Winter het’s hie kener Muursägler.
Tellenbach: Du muesch mi nid dümmer mache, als i bi. I weiss dänk o, dass Muursägler Zugvögu sy. Drum ha-n i ja gmeint, du meinsch en Amsle. Du hesch ja gseit “komeschi Vögu” u hesch ds “komeschi” no usdrücklech betont, wiu äbe settig Vögu normalerwys nid da sy.
Tschäppät: De chönnt’s aber irgend e Zugvogel gsy sy?
Tellenbach: Nei, äbe nid. We’s e-n andere gsy wär, zum Byspiel e wyssi Tube, hätt i se ja sofort gseh. Wiu se aber nid gseh ha, het’s müesse-n e Muursägler sy.
Tschäppät: Guet Dälebach, akzeptiert. Jedefalls ha-n di Verdächtige gmeint.
Tellenbach: (***) Verdächtegi uf de Bäum?
Tschäppät: Nid uf de Bäum. Überall süsch!
Tellenbach (überlegt einige Sekunden): De bi-n i auso o ne Verdächtige?
Tschäppät: Äuä du! Die da! Werum sötti di verdächtig finde?
Tellenbach: Wiu si hei gseit, es syg jede verdächtig, wo y d Stadt yne weu.
Tschäppät: Aber du wosch ja gar nid y d Stadt yne! Mir stöh zäme Wach!
Tellenbach: Was weisch du scho vo myne heimleche Wünsch, Tschäppät?! Vilech möchte i gärn y d Stadt. Du äuä o, aber du wagsch der’s nid, wiu i drüber wache.
Tschäppät: Ha! Meinsch i heig Angst vor dir? Da lachet ja ne Chueh!
Tellenbach (blickt erstaunt um sich): Wo lache d Chüe?
Tschäppät: Im übertragene Sinn.
Tellenbach: Meinsch wie uf de Chäsli?
Tschäppät: Uf jede Fall müesse si d Waffe-n abgäh. (Zu Gästen): Syt der bewaffnet?
Tellenbach: Mit Chäsli?
Tschäppät: Dälebach!!! Nei, nid mit Chäsli.
Tellenbach: Werum reagiersch e so greizt? Bisch sicher, dass si keni Chäsli hei?
Tschäppät: Nei! Aber das isch jitz wurst!
Tellenbach: Was isch Wurst?
Tschäppät: D Chäsli!
Tellenbach: Du stürmsch, Tschäppät! Du länksch nume wo de wäsentleche Sache-n ab. Chumm, mir luege, ob sy Waffe hei, u de löh mer se-n yne.
Tschäppät: Wie de meinsch. Du bisch der Kommandant.
Die beiden suchen die Gäste nach Waffen ab.
Behändigen – wenn vorhanden – den Knüttel.
Tellenbach: Mir löh nech jetzt uf d Tribüne vom Ratssaal. Dir gseht dr Rat vo de Zweuhundert vo dr löbliche Stadt Bärn. Rede wird dr höchst Bärner, dr ehrewärt Herr Schultheiss Anton vo Graferied dr Zweut.
Tschäppät: Sy Vatter isch o scho Schultheiss gsy, isch aber ar Pest gstorbe, Drum der Zweut. Die höchste-n Ämter göh immer meh vom Vatter uf e Suhn über.
Tellenbach: Tschäppät! Üs cha das ja glych sy. Mir ghöre o y tusig Jahr no nid zu de Mehbessere.
Tschäppät: Werum nid? Schultheiss Tschäppät der Zweut. Tönt ämu ganz interessant für d Zuekunft.
Tellebach: Di arme Bärner. Aber de hei si
zmingst eis Problem nümme: de wott nämlech de sicher niemer mehr y d
Stadt yne. (Variante: Zersch d Pest, u nächhär no das!)
Also: Mit löh nech jitz yne. Benähmet nech gsittet. Verbote-n isch
rouche u ässe u spucke...
Tschäppät: ...u Bättelei u musiziere.
Tellenbach: Du söllsch mir nid immer dryrede, Tschäppät! Das git de Lüt ds Gfüehl vo Usicherheit. Für d Lüt isch’s wichtig z wüsse, wär hie dr Chef isch.
Die Wachen müssen darauf achten, dass sie die
Gästegruppe jeweils in den Saal einlassen, wenn die frühere Gruppe den
Saal seit ca. 60-90 Sekunden verlassen hat. Das heisst: zum Zeitpunkt
dieses Verlassens sollten die Wachen die Gäste der neuen Gruppe
durchsuchen, dann bald im Text fortfahren.
Erscheinen nach dem Einlass einer Gruppe während einigen Minuten keine
neuen Gäste, spielen die Wachen die Kurzfassung ***. Ist der Ratsaal
leer und nähert sich eine grosse Gruppe, untersuchen
die Wachen die ersten ca. 30 Gäste
sehr rasch und lassen sie ein, um dann vor
dem Rest der Gruppe die volle Szene zu spielen.
*
*
*
Im Rathaus zu Bern, 13. Mai 1653
Texte: Resolution des Rats bez. Zuschrift an die Bauern aus dem Berner Ratsmanual 13.-17.Mai 1653 (gekürzt). Das Perpetuum mobile des Caspar Willading war im Januar 1653 ein Traktandum des Rats.
Die Kulisse zeigt den Ratsaal im Berner
Ratshaus: den Rat der Zweihundert auf einfachen Bänken, den Kleinern
Rat, Venner und Säckelmeister. Im Saal steht eine seltsame und offenbar
nutzlose Maschine.
Leiblich anwesend sind der amtierende Schultheiss von Graffenried,
ihm zur Seite Venner Frisching, General von Erlach und der
Ratsschreiber Huser.
Schultheiss: I begrüesse nech zur hütige Ratssitzig vom Frytig, em 13. Meye. Mir hei hüt etliches z berede. Schryber: Traktandum1!
Schreiber: Ds Perpetuum mobile. Dr Herr
Caspar Willading bittet um d Erloubnis, am hochwohlgeborene Herr
Schultheiss u de wohledelfeste vätterleche Gnädige Herre u Obere sy
neusti Erfindig vorzfüehre (zeigt auf die Maschine, die vor sich
hin dümpelt).
Schultheiss: Ja aber – das isch scho die dritti settegi Maschine i däm Jahr. Mir hei ne doch nach Rägensburg zum Kaiser gschickt, u dört syg si nach ere halbe Stund abgstande.
Schreiber: Es handlet sech äbe um ne verbesserti Version. Ds Perpetuum 2.1.0 (zwöi – eis – null).
Schultheiss: Papperlapapp! Nume will er eue Cousin isch, cha der Rat sy Zyt nid mit däm Spielzüg verplämperle. Löhts vo mir us lah loufe – luege mer mal, wie lang dass es dasmal dürehaltet. – Ds nächste Gschäft!
Schreiber: Der Wirt zum Storche begährt es Patänt für en Usschank vo Salzhering-Suppe. Er het die Fische für Krysezyte yglageret, wenn’s mal i der Aare zum ne Fischstärbe sött cho oder zu re Überfischig vo de Laxe, was ja jitze wäg de Burehorde z befürchte steit, we si öppe widerrächtlech vo ihrne Ruete sötte Gebruch mache. Der Gsuechsteller betont, dass die Heringe gschmacklech durchus mit de Laxe z vergylche syge, so dass nid öppe Gnuss-Sucht d Ursach für sys Begähre sygi...
Schultheiss: Papperlapapp! Mir hei jitz
weiss Gott Gschyders z tüe, als über d Unterschiede von irgend wettige
Salzfischli z diskutiere. Gäht däm Ma sys Patänt, mynetwäge o grad für
Chräbse u Heugümper u Chatze. Aber verschonet mi dermit!
General, wie steit’s ar Burefront?
General: Kritisch. Aber mir wärde das
Problem bewältige!
D Lag vo hüt: Vor der Stadt lagere gäge Zähtusig Rebälle, bewaffnet mit
Muskete und Spiesse, zum Glück ohni Artillerie. Die Rotte verhalte sech
zur Zyt no friedlech, aber sie stelle uverschämti Forderige, u es isch
klar, dass si müesse vertribe wärde.
Massnahme: Die verdammte Rebälle sy uf Gümmene u Aarbärg zuegrochlet u
het dört im Weste d Brügge gsperrt. Myni usghobene wälsche Truppe
underem Oberst Morlot wie o die gworbene Söldner us em Pays de Gex sy
leider blockiert. Im Oste sy nis d Städt Burdleff u natürlech Aarau
treu bblibe, trotz der Tatsach, dass o sie vo störrische Undertane
belageret wärde.
Schultheiss: Ja u de?
General: Was u de?
Schultheiss: Ja äbe – was für Massnahme schlöht dir vor?
General: Da druf han i grad welle z rede cho. Ir Stadt Züri sy 12'000 Uszüger us em Züripiet u de Gemeine Herrschafte zur Musterig ufbbote. Die Manne sy bestens gfüehrt u bewaffnet u hey 22 Kanune zur Verfüegig. Der General Wärdmüller wird mit syre Armee ds Aargäu z dürab aagryfe u de Bure dr Meister zeige, während mer se hie dür gschickti Verhandlige in Sicherheit wiege.
Venner: Aber Herr General! Wie stellet der euch das vor? D Zürcher, wo chöme cho Bärn befreie u ds ganze Bärner Aargäu bsetze? Mir sy nid dr Adrian vo Buebebärg, wo ds Städtli Murte haltet. Mir sy die gröschti und stolzesti Stadt vor Eidgenosseschaft. U das da usse isch nid ds grosse Burgunderheer. Das sy zämegrochleti Undertane mit verirrte Sinne. Die müesse wäg! Hei! Lieber hüt als morn! U ganz sicher, bevor d Zürcher losmarschiere. Stellet nech vor, we plötzlech Thurgouer underem Zytglogge stöh u pralagge: Mir hend nech befräit, gelet?
Schultheiss: Du nimmsch mer d Wort us em Muul! Si müesse wäg, u zwar sofort. U we mer se nid mit Kanune chöi vertrybe, mache mers mit Papier. Ds einte schliesst ja ds andere nid us. Schryber: was fordere die Rebellante eigetlech?
Schreiber: Also... erstens wei si nid y d Stadt
yne cho – mi söll ne Here useschicke, u zwar nume gueti Here.
De... wei si das, wo me ne im März o scho zuegsicheret het: Dr frei
Handel mit Ross u Veh. E Landesvenner wei si. U nes paar chlyneri Sache
wäge Buessgäld-Ytrybe, freie Salzchouf zum Husgebruch u so.
Aber de wärde si uverschämt. Si wei nach eigenem Guetdünke dörfe
Landsgmeinde abhalte, ihre uguete Bund vo Sumiswald sölle mer
anerchenne, allne Amnestie gewähre und o no 50 000 Pfund
Chriegsentschädigung zahle.
Venner (zum Rat gewandt): I kenne dä
Leuebärger, wo jitz ihre Afüehrer isch, no vo myre Vogtezyt z
Trachselwald här. Da isch er no ganz e junge Schnufer gsy, dr
Leuebärger Niggi vom Schönholz, aber fromm, respäktvoll – eifach eine,
wo ja nüt wott faltsch mache. I weiss, wie
me dä muess näh! Muesch ihm eifach e chly d Chappe wäsche, de
nimmt er Bei under d Händ u isch schnäller dehei als ihm chasch
nacheluege.
I ha mit em Schryber scho ne Resolution ufgsetzt. (Zu Schreiber). Lies
emal!
Schreiber: “An den des Hochverrats schuldigen Landschelmen Niggi Leuenberger mit seiner übelverfluchten Rott über ihr unersättliches Begehren zu antworten: Wir, die Gnädigen Herren und Oberen der Stadt Bern, vernehmend mit bedurlichem Missfallen, dass ihr Stryt und Unfrieden sucht, unmügliche Anmutungen thund und danach trachtend, mit findlichem Gwalt unsere Stadt ynzunehmen, dass ihr dussen auf dem Murifeld etliche unserer Burgeren ohn jeden Grund gefangen nehmend und über gegebenes Wort Ross, Vieh, Schaf und dergleichen hinweg führend...”
Schultheiss (räuspert sich laut):
Mmh... my liebe Venner Früsching! Das isch alles sachlech zueträffend,
i wott o am Herr Schryber Huser nid y ds Handwärk pfusche... es mah sy,
dass der mit däm Ton dr Leuebärger chöit vertrybe – aber garantiert
machet de dermit die andere 9999 Bure verruckt. U das chöi mer jitz am
allerwenigste bruuche.
Es isch äuä diplomatisch klüeger, mir schicke dr Herr Alt-Schultheiss
Dachselhofer zu der Bursami, für die theologische Belehrige gäbe mer
ihm dr Münsterpfarrer mit. Vo däne hei si e höchi Meinig. Dr
Dachselhofer cha ne ds meiste zuesäge – we dä Leuebärger nume
der Friede usrüeft u syni Lüt hei schickt.
Natürlech cha dr Dachselhofer säge, er müessi die Gschäft no zur
Ratifizierig am höche Rat vorlege... das isch äbe dr Nachteil für d
Bure, we sie sech z guet vorchöme, hie vor üs härezträte. De sy mer de
immer no frei, z handle wie mir wei. Mir chöi se lah zable –
denn eis isch sicher: y nes paar Tage hei si Hunger u Heiweh, u wenn dä
“Burechünig” ne seit, es syg uf guete Wäge, de loufe si usenand.
Versteisch, Früsching? Mir bruche dä Leuebärger. So eine
müesse mer ufboue, nid demoliere.
U wenn de mal die paar Tusig Wälsche ir Stadt sy, de rede mer de wieder
mit dynere Sprach. U mit euere, General von Erlach.
Szene Lagerfeuer Geissbach
Personen: Niklaus Leuenberger, Schönholz, Obmann des Bauernbundes
(Samuel Balmer) / Ueli Galli, Eggiwil, Kriegsrat der Bauern (Peter
Bähler) / Statthalter Hans Berger, Steffisburg, Kriegsrat der Bauern
(Walter Bähler) / Christen Schybi, Escholzmatt, Oberst der Entlebucher
(Hans Schmidiger) / Altschulheiss Niklaus Daxelhofer von Bern (Fred
Bauer) / Predikant Hans Heinrich Hummel, Berner Münsterpfarrer
(Hansjörg Mader).
Bauernlager bei Ostermundigen, 14. Mai 1653
Die Bauern lagern seit drei Tagen
bewaffnet vor Bern, mehr als 10-20'000 Mann stark.
Sie sind auf die Nachricht hin ausgezogen: eine welsche Armee falle ins
Bernbiet ein und müsse aufgehalten werden. Das stimmte. Der Landsturm
erging rechtzeitig, so dass die Flussübergänge im Westen – die
Saanebrücke bei Gümmenen und die Aarebrücke von Aarberg gesperrt und
die welschen Truppen aufgehalten werden konnten.
Dazu waren nicht 10'000 Auszüger notwendig – Landeshauptmann Küpfer und
Ueli Galli dirigierten die Leute auf das Murifeld vor Bern und liessen
sie dort ihr Lager aufstellen. So kam die Belagerung Berns zu Stande,
welche die Bauern der Stadt nach langwierigen erfolglosen Verhandlungen
anfangs Mai angedroht hatten. Doch viele Landleute waren nicht mit der
Absicht einer Stadtbelagerung ausgezogen, im Gegensatz zu Galli,
Küpfer, Berger und anderen Kriegsräten hatte auch der Obmann
Leuenberger diese Belagerung nicht gewollt – als er vor Bern
eingetroffen war, zeigte er sich überrascht und bat die Herren der
Stadt sofort um neue Verhandlungen. Die Bauernmassen sind nicht auf ein
länger andauerndes Lagerleben vorbereitet. Der Nachschub reicht für ein
derartig grosses Lager nicht aus. Das Wetter ist prächtig, und viele
der Bauern drängen auf ein Ende des Wartens im Lager. Sie würden zu
Hause gebraucht.
Aus dem Luzernischen sind um die 1000 Bauernsoldaten den Berner
Landleuten zu Hilfe geeilt, kraft des grossen neuen Bauernbundes, der
solche militärische Hilfe im Fall der Not vorsieht.
Altschultheiss Niklaus Daxelhofer
und Münsterpfarrer Joh. Heinrich Hummel sind von der Stadt ausgeschickt
worden, um mit den Bauernführern in Ostermundigen (ein weiteres Mal) zu
verhandeln. Sie sind anfangs für das Publikum unsichtbar.
In der Stadt wird – durch Schultheiss Anton von Graffenried und General
Sigmund von Erlach – der offene Krieg gegen die ‚Rebellen’ vorbereitet.
Neben den 5000 welschen Soldaten wird in der kommenden Woche ein Heer
von Zürchern und Ostschweizern ins Bernerland einfallen.
Vorerst ist die Aufhebung der Belagerung und der Brückensperren
oberstes Ziel der ‚Gnädigen Herren’. Sie wissen um den drohenden Hunger
im Bauernlager und befürchten, der Obmann Leuenberger – den sie als
Garant für Zurückhaltung und Ordnung und zudem als leicht
beeinflussbaren Verhandlungspartner einschätzen – könnte die Zügel bald
aus der Hand verlieren, worauf bestimmt ein Angriff auf die Stadt zu
befürchten wäre. Die Stadt verfügt zwar über – zum Teil brandneue –
Befestigungsanlagen, Artillerie, über positionelle und logistische
Vorteile, doch bei einer Einwohnerzahl von 9000 bestenfalls über 2-3000 Soldaten. So lange Verhandlungen
andauern und ein Frieden in Griffweite ist, hat die Stadt aber wenig zu
befürchten.
Historische Relevanz: Galli, Berger und natürlich auch Leuenberger gehörten während der Verhandlungen auf dem Murifeld zum engeren Kriegsrat der Landleute. Schibi war - wie im Theater dargestellt - vom Obmann bei den Verhandlungen unerwünscht. Die Berner Geistlichkeit (Hummel und Lüthard) gehörte der Herrendelegation vor Bern nicht an, sprach aber bei früheren Gelegenheiten mehrmals zu der Bauerngemeinde - mit den hier zitierten Bibelstellen. - Die Verhandlungen zogen sich über mehrere Tage hin.
Am Lagerfeuer sitzen Bauernobmann Niklaus Leuenberger in
seinem prächtigen roten Mantel, Ueli Galli (als Doppelgänger des Ueli
Galli der Giebelszene), Statthalter Hans Berger von Steffisburg und
Christen Schybi von Escholzmatt, Oberst der Entlebucher. Schybi hält
einen Stecken mit Teig ins Feuer.
Rund um das Feuer sind weitere Sitzplätze frei (Trämle). Die Bauern
laden die Neuankömmlinge (Gäste) mit stummen Gesten zum Sitzen ein.
Das Publikum nähert sich – von den Stadtwachen dahin gewiesen – über
die Furt des Geissbachs dem Lagerfeuer.
Schybi: Das isch e rüdig verreckti Sach. Da
chunnt me-n us em Äntlibuech cho aazrenne, u de das! Nüt als Mähl u
Wasser.
Leuenberger:
Beklag di nid, Christe! I ha euch nid häregrüeft. Mir gäbe nech, was mer chöi.
Schybi: Ir Stadt in hei si Chällere voll
Wy! Scho nume drum würd sech’s lohne, däne mal es Bsüechli abzstatte...
Leuenberger: Solang i Bundes-Obmaa bi, wird nid
gkrieget, u schon gar nid groubt u plünderet! Vergässet nid, um was es
geit. We mir en ehrehafte Friede-n erreiche, wärde nis no üsi Ur-Änkel
dankbar sy u brichte, wie mer es Mitenander vo Oberkeit und Undertanen
gschaffe hei, wo allne grächt wird. Mit Gottes Säge u nid mit Waffe.
Ueli Galli (spöttisch
zu Schybi): Vilech sötte mer das mit
em Wy als neui Forderig y d Verhandlige-n ybringe. Das gäbt e chly
Pfäffer y di Sach... i wett einisch am Daxuhofer sy Gring luege, we mer
ihm säge: (formt die Hand zur Pistole) Wy oder Läbe!
Berger: I bitte doch um chly Ärnst! We d
Delegation us der Stadt chunnt, müesse mer Gschlosseheit zeige. U we
der o am liebste wettet d Stadt ynäh, wärs doch dumm, nech das lah
azmerke. Also häbet nech still u überlöht ds Verhandle em Chlous (deutet
auf Leuenberger). Dä cha das wytus am
beste.
Leuenberger:
Es git äbe settig u settig Lüt, bi de Here wie bi de Bure, u der
Daxuhofer isch eine, wo me mit ihm cha rede...
Schybi: ...bigott: läfere u läfere u läfere... (bewegt dabei die Faust im Scherz langsam auf Leuenberger zu)
Berger:
Si chöme!
Leuenberger: Schybi! Verschwind! Mir hei d Here nid
unnötig mit Äntlibuecher reize.
Schybi:
Ja, scho rächt!
Schybi verschwindet, Auftritt von Daxelhofer und Hummel.
Daxelhofer: Guete Tag, die Pure! Guete Tag, Monsieur
Leuebärger! (Reicht Leuenberger die Hand). Üse Münsterpfarrer kennet der ja. (Hummel
nickt mit dem Kopf in Richtung Leuenberger).
Leuenberger bietet den Gästen die besten Sitzplätze an, direkt neben
ihm.
Leuenberger: Bärger! Hol nis doch e chlyne-n Imbiss!
Mir chöi üsi Gäst nid so uf em Trochene lah hocke.
Berger gehorcht und geht.
Daxelhofer: Nume keni Umständ, Monsieur Leuebärger!
Dir syt äuä knapp a Vorrät, chönnt i mer vorstelle?
Leuenberger: Das geit y Ornig! – Was heit der nis
brichte, Herr Schultheiss?
Daxelhofer:
Nume guets, Leuerbärger! I
ha di Gnädige Here vo fasch allne eune Aalige chönne überzüge. Der
Friede isch so guet wie gmacht.
Galli (erstaunt): Ja was!
Daxelhofer (zu den Versammelten gewandt): Eui wichtegsti Forderig, di Summe vo
50'000 Bärnpfund für ds Land, isch genähmiget.
Galli: I ghöre nid rächt... d Stadt Bärn zahlt üs
50 000 Pfund – das sy… fasch 400'000 Batze – Chriegsentschädigung?
Daxelhofer: Ja – also – (blickt Hummel an)
– ja! Me muess das eifach chly
gschickt verchoufe.
Hummel: Die 50'000 Pfund – das isch e immänsi
Summe – wärde dr Landschaft als Almose uf di nächste zäh Jahr verteilt
zur Tilgig vo dr Landesarmuet uszahlt. Vorab chöme die Gmeinde
dra, wo under däre Rebellion bsunders glitte hei.
Berger bringt Wein und Becher, Zopf und
Wurst. Berger spielt den Mundschenk, Leuenberger schneidet und schält – während die Verhandlungen fortdauern –
eigenhändig die Wurst, reicht sie mundgerecht den Gästen.
Christen Schybi hat sich mittlerweile aus dem Gebüsch wieder
hervorgearbeitet und diskret unter die Gäste gemischt.
Als er Wein und Fressalien sieht, kann er sich kaum mehr beherrschen.
Er beklagt sich bei den Umstehenden über seine kulinarische
Benachteiligung – diese Herren mit ihren Schlangenzungen könnte man
seinetwegen mit Ratten füttern. Das wäre angemessen. Seiner Meinung
führt nur eine Taktik zum Erfolg: Angriff! Jetzt, wo die Bauern
stark sind wie nie... Angriff! Und wenn man die Stadt Bern genommen
hat, sollte die Bauernschaft geschlossen auf Luzern ziehen und auch da
“den Schweinestall ausmisten”.
Galli: Also usgrächnet die, wo nid mitgmacht
hei! O wie steit’s mit em Schade, wo mer us der Batzenabwärtig erlitte
hei? O wägem Salz?
Daxelhofer: Chunnt alles bestens.
Der frei Salzchouf zum Husgebruch isch ab sofort bewilliget. Meh chöi
mer us formale Gründ nid y Vertrag
ufnäh, aber wenn der später supplications-wys dermit a di liebi
Oberkeit glanget, zwyfle-n i nid, dass me euch wird d Gnadehand biete.
Galli: Das han i doch o scho mal ghört...
Leuenberger: Ueli, bitte bsinn di! Mit dym Gmecker
gfährdisch du ds Friedenswärch.
Berger: ..u letschtlech d Zuekunft vo üsem
grosse Bund! Jawohl!
Daxelhofer: Wäg däm Burebund vo
Sumiswald muess i nech no öppis säge. Es isch für euch sicher nid ganz liecht z
begryfe... aber dä Bund isch ugültig. Vor Gott und vor de Möntsche. Der
Herr Pfarrer Hummel isch sicher so fründlech, euch das z erlütere.
Hummel: Nachdäm mer der Wortlut vo däm sogenannte
Burebund hei übercho, het der Herr Profässer Lüthardt es theologischs
Guetachte usgschaffet. Es berueht i erster Linie uf em Titusbrief 3,
Värse 1 u 2, wo dr Evangelist seit: “Du musst immer wieder in
Erinnerung bringen, dass alle sich den oberkeitlichen Gewalten
unterordnen, ihnen Gehorsam erzeigen und allezeit zu jedem guten Werk
bereit sind. Sie sollen über niemanden Übles reden, keinen Streit
anfangen, lieber nachgeben und allen Menschen freundlich begegnen.”
Dass es Bündnis gäge di höchi
Oberkeit, wo sogar militäreschi Hilf vo Papiste vorgseht, der Gschrift
zwiderlouft, muess o de einfachste Gmüeter ysichtig sy. Schwieriger
isch d Frag, wie di Gnädige Here i so me ne Fall vorzgah hei. Im 5.Mose
13 befiehlt Gott de Richter “dass ihr Aug den Verführern nicht schonen,
dass sie sich über sie nicht erbarmen, (noch sie verbergen,) sondern
sie erwürgen und steinigen sollen.”
Di heilegi Gschrift schrybt euer Oberkeit also vor, dass sie mit aller
Härti gäge d Rädelsfüehrer müessi vorgah, u dir heit di unändlechi
Gnad, so Gnädegi Here wie dr Herr Schultheiss Daxelhofer z ha, wo us
Liebi zu ihrne Undertanen sogar ihres Seeleheil uf ds Spiel setze, u
nech e Amnestie wei gwähre, we der jitze friedlech heizieht u däm
uselige Bundesbrief abschwöret.
Daxelhofer: So isch es. Üse Friedensvertrag
verspricht euch – sofärn der nid Straftate gäge Lyb u Läbe begange heit
– Straffreiheit. Derzue müesst der jitz allerdings das Lager u alli
Sperine-n ufhäbe, euem falsche Bund abschwöre u innert Wuchefrist dr
Oberkeit neu huldige.
Leuenberger: I danke däne Here für ihri Usfüehrige.
Syt versicheret, dass mir Landlüt nüt Urächts hei welle tue, weder mit
em Bundesschwur, no mit em Zuezug vor Bärn.
Mir wärde handle, wie dir säget – dir wärdet mit Stolz uf eui Undertane
chönne abe blicke u wärdet eui Gnad u Güeti nid bereue.
Galli: Ich gloub, das sötte mer hüt no a re
Landsgmeind berede, bevor mer öppis zuesäge.
Daxelhofer: (unterbricht ihn) Das – isch leider nid müglech.
I verstah das Aalige, mir
müesse das fertige Vertragswärch ja o no em Rat vorlege. Aber die
Landsgmeinde hei i de letschte Wuchene so viel Eländ übers ds Land
bbracht, dass si ärnstlech müesse verbote blybe. Das isch o ne
Empfählig vom theologische Guetachte.
Hummel: 4.Mose 16 u 21, wo der Herr die murrendi
Meute einisch laht vor Ärde verschlücke, ds ander mal dür ne füüregi
Schlange töde.
Leuenberger:
(nach einer Pause der Überraschung und Betroffenheit): I bi dr gwählt Obmaa vo de Landlüt, u ig
muess di Entscheidig mit Gottes Hilf träffe. Die Last cha mer niemer
abnäh.
U my Entscheidig isch gmacht. Nach sorgfältigem Abwäge vo allem Derfür
u Derwider entschliesse-n i mi für e Friede, zum Wohl vo allne, Stadt u
Land, Oberkeit u Undertane.
Schybi äfft Leuenberger nach. Zu den Umstehenden: “... Hünd u Chatze, Pschütti u Chuefläre, Obmanne u Schutlheisse...”
Leuenberger
(steht auf, redet feierlich zur Menge): Manne u Froue vom Bärnbiet! Mir hei dä
ehrehaft Friede erreicht, wo mer agsträbt hei. Dank em guete Wille uf
beidne Syte het me chönne mitenand rede, mir hei Vertroue gschaffe u
dermit hei sech i allne wäsentleche Punkte Lösige ergäh. Eue grosse-n
Ysatz het sech glohnt.
Jitz aber befiehle-n ech: eui Sache z packe, hei z gah, so gordnet u
friedlech wie mers zum Glück immer hei gha im Lager. Dir wärdet deheime
euem jewylige Landvogt neu huldige. Machet das freudige Härzens, ohni z
murre – mir wei em Bärner Rat ke Vorwand liefere, üs dä Vertrag de doch
vorzenthalte.
Danke für alles – jedem einzelne vo euch – u göht hi i Gottes Name –
adieu!
Die Bauern verschwinden in verschiedene
Richtungen.
Berger zuerst, fordert auch umstehende Gäste auf, den Platz zu
verlassen, lässt Bemerkungen fallen wie “E gueti Sach – isch e guete
Maa, dä Leuebärger”.
Galli holt einige Male tief Luft und zieht sich dann zurück (auch er
kann gegenüber Umstehenden Kommentare fallen lassen – allerdings weit
weniger schmeichelhafte).
Schybi zieht sich unter abweisenden Handbewegungen und deftigen Worten
gegen die Berner zurück. Beklagt sich über die verlorene Zeit. Die
Entlebucher wollen jetzt vor Luzern ziehen und da endlich mal wirklich
kämpfen – aber ohne Leuenberger.
Leuenberger schüttelt Daxelhofer und Hummel die Hände, schaut sie ihnen
vertrauensvoll in die Augen und tritt ab.
Am Ende bleiben die beiden Herren übrig, dazu
bestimmt die meisten Gäste. Daxelhofer schickt die Leute weg (übers
Brücklein führt der Weg). Süffisant sagt er zu den Leute: Von mir aus
könnt ihr schon hier sitzen bleiben... aber ich würd an eurer Stelle
lieber verschwinden... in zwei, drei Stunden sind die Welschen da, und
dann seid ihr alle einen Kopf kürzer...
Wenn die Leute motzen: die Oberkeit spiele ein doppeltes Spiel, der
Rachefeldzug gegen die Bauern sei schon geplant, sagen die beiden nur:
sie täten ihr Bestes für das Land.
Abtritt Hummel und Daxelhofer .
Eine Landfrau wird die Leute vom Brücklein
her ansprechen, sie rüber holen und erzählen.
*
*
*
Erzählerin auf der
Geissbachbrücke (Käthi Bähler)
Stoff: Nach Mai 1653. Der Frieden vom Murifeld
hat sich für die Landleute schlecht ausgezahlt. Kaum waren sie zu
Hause, fiel eine gewaltige Armee von Zürchern ins (bernische) Aargau
ein. Niklaus Leuenberger zog ihnen entgegen, er glaubte an ein
Missverständnis. Aber auch der General von Erlach brach mit seiner
welschen Armee aus Bern aus, verwüstete das Land, mordete Aufständische
dahin und brandschatzte ihre Häuser. Danu Küpfer, Landeshauptmann der
Emmentaler, rief die Auszüger noch einmal in Herzogenbuchsee zusammen,
aber Leuenberger schickte sie wieder heim – Widerstand führe nur zum
einem unnötigen Blutvergiessen. Und damit hatte er wohl Recht.
Alles
war verloren. Die Herren besetzten das gesamte Bernbiet. Sie legten dem
Land hohe Bussen und Strafen auf. Und machten Jagd auf Rebellen. Manche
flohen in die Berge, manche ins Ausland und wurden nie wieder gesehen.
Schulmeister Schindler war so einer, auch Statthalter Berger von
Steffisburg.
Der Leuenberger wurde verraten, gefangen und am Ende gevierteilt.
Desgleichen Daniel Küpfer, sein Stellvertreter, der alte Schmied von
Höchstetten.
Christen Schybi wurde heftig gefoltert und dann geköpft, wie gut
fünfzig andere Landmänner. Ende September wurde auch noch Ueli Galli
gefasst, und zwar hier im Eggiwil oberhalb des Giebels, als er noch
einmal zurückkam, um etwas zu reichen.
Ueli Galli wurde als Einziger wie ein gemeiner Dieb gehängt.
Nach dem Abgang der Bauern und der Herren bleiben die Gäste um das
Lagerfeuer zurück. Die Erzählerin muss die Leute (von der kleinen
Brücke her) rufen und sie zum Ende des Parcours führen – die
Rosechüechli- und Fuhrwerk-Rückfahr-Station.
Angesichts des
beträchtlichen Erzählstoffs sollten wir die Erzählerin von Pflichten
bei Verpflegung/Station entbinden. Dann ist sie auch frei zu wählen, wo
und wie sie den Stoff vermitteln will.
Sie ist die einzige Erzählerin, die nicht in die Handlung involviert
ist, sondern resümierend eine Geschichte erzählt, die sich über Monate
hin erstreckt. Spricht meiner Auffassung nach für eine stationäre
Erzählweise und für eine Figur, die sich aus der 1653er-Realität
heraushebt.
* * *
Die Rückfahrt.
Irgendwo im Bernbiet, Herbst 1653
Die Endstation für die Fuhrwerke. Die Leute
werden von hier aus heim gefahren (zum Höllbrüggli).
Ein Feuer mit einem Topf (genauere Einrichtung
noch offen), die Betreuerinnen der Station backen Rosenküchlein und
geben sie den wartenden Gästen ab.
Dort, wo das Fuhrwerk wendet und wartet, steht deutlich sichtbar ein
Schild: “Rückführung ins Jahr 2003 - 1 Batzen”. Dabei ist die “1”
durchgestrichen und eine “2” drüber geschrieben. Wegen der
Batzenabwertung kostet die Fahrt jetzt 2 Batzen.
Die Fuhrfrauen haben eine Doppelaufgabe: Sie offerieren den Gästen
Rosenküchlein und sie kassieren den Fahrpreis ein.
Dabei hat das Fuhrwerk Vorrang. Falls ein Fuhrwerk wartet und noch
Plätze frei hat, wird es (gegen Bezahlung natürlich) möglichst umgehend
aufgefüllt und abgeschickt.
Müssen die Leute auf das Fuhrwerk warten, sind hingegen Rosenküchlein
angesagt, und die Fuhrfrauen lassen sich auf grössere Diskussionen über
den Fahrpreis ein (dies als unterhaltendes Element, das aber genau in
die Situation von 1653 passt - die Abwertung des Bernbatzens um die
Hälfte war der Anlass des Bauernaufstands, und die Erhöhung des
Fahrpreises ist ein Ausdruck für die Schwierigkeiten, die durch die
Abwertung entstanden).
Fuhrwerke sind knapp und sollten deshalb möglichst kurze Zeit an der
Station verweilen.
*
*
*
*
*
*
Szene
Höllhüsli 2
Personen: Michel Ermel,
Schachenbauer. Johanna Ermel, seine Frau
Das
Schuldenbäuerlein, 2003
Quelle/Idee: Als Vorlage diente eine Klagerede von Marc Lauper zur Lage eines heutigen Kleinbauern im oberen Emmental. Dieselbe Szene bildet - nahezu 1 zu 1 übertragen ins Jahr 1653 - den Anfang des Stationentheaters.
Das Höllhüsli muss nach dem Eintritt de letzten Gästegruppe rasch aufs Jahr 2003 umgebaut werden, bevor die ersten Gäste wieder beim Höllbrüggli eintreffen.
Der Schuldenbauer sitzt am Tisch seiner
billig und geschmacklos ausgestatteten ärmlichen kleinen Küche:
Neonlicht, veralteter Herd, Linoleumboden, Plastik-Vorhänge, auch sonst
viel Plastik. Die Küche wirkt schmuddelig – Decke und Wände sind
gräulich oder gar schwarz vom Rauch. Draussen eine
TV-Satellitenschüssel.
Seine Frau sitzt in einem ebenfalls ziemlich geschmacklosen, aber
bequemen Stuhl und schaut fern. Am TV läuft ein Gölä-Konzert. Sie
knabbert Pringles aus der Rolle.
Michel Ermel: (zu den Ankommenden): Ja, chömet nume! Tüet nid schüch! Machet nech’s bequem i üsem Heim! Hanna – offeriere ne doch öppis, üsne Gäst! Viu hei mir nid, aber mir teile’s gärn mit de Lüt us dr Stadt.
Hanna: Die ha-n i für mi
gchouft! Bin i gopfriedstutz e Kiosk!? Knabbert weiter.
Michel Ermel (etwas spöttisch): Dir
syt ja sicher die, wo üsi Produkt choufet, o we si mängisch chly türer
sy. – Hättet nid ddänkt, dass es ir ryche Schwyz no Möntsche git, wo so
läbe, he!? Isch chly öppis anders als “Ferien auf dem Bauernhof” i so
m’ ne Touristedörfli!
Mir läbe hie halt scho a stotzige Höger. U Heimatland!, wenn i dänke,
dass mer no vor zäh, zwölf Jahr, über ne Franke für e Liter Milch hei
bercho, u jitze... söll bau nüt meh wärt sy, was mer gäh. Gäng weniger
Lüt produziere gäng meh – u ds ganze System krachet zäme. U nächhär
heisst es gäng no: dir syt zweni wirtschaftlech gsy, zweni effiziänt!
Da söll mer mal eine-n erkläre, wo da d Logik isch.
Richtig pure wie dr Vater u Grossvater cheu mer scho lang nümm meh. U
jitz chömet mer ja nid: i heig dr Aaschluss verpasst! Ja nid! I ha
würklech alls probiert, es geit ja schliesslech um mys Überläbe. Zersch
sy si cho mit Maschine, wo mer müessi zueche tue ir Gnosseschaft. Hei
mer gmacht. Aber am Hoger – weisch was? Da chostet d Mieti u ds Bänzin
oder dr Strom grad äbe soviu wie das, wo de drus chasch löse. De
machsch es äbe no lieber vo Händsche. U de sy si cho mit der
Hüehntschi- u der Schweinemast, Zuesatzverdienst, u syg eine blöd u
sälber tschuld, we-n er das nid machi. Ja chasch dänke! Wo si allne so
Viechleni u Ställ hei aadräyt gha, hei si d Tierschützer verbygschickt,
u di Sach verbote. Oder Uflage gmacht, wo eifach kene meh het chönne
zahle. Mit der Gschicht vom Dünger wott i gar nid afah! Zersch chömes
eim cho Vorträg halte, was me-n alls müess y Bode gheie, we dä Bode
söll rentabel sy. I ha nid d Hälfti gnoh vo däm Zügs, u trotzdäm, was
heissts hüt? Umwältsverschmutzer! I heig der Bode versüücht! I gnüegi
uf Jahre use däne Bio-Vorschrifte nid, o we-n i alls vo Händsche mache,
versteisch? U das gäb halt no einisch der teufer Prys.
Überhoupt: lueg mal nume di Vorschrifte, gopf! Wosch es Schürli
ufstelle, geit das nid, oder wosch es vermiete, geit dies nid. U
irgendwettegi Beamte z Signou u ersch rächt z Bärn unde suehle sech i
däne Papierhüfe u verdiene immer meh dra – u mir gly nüt meh.
I ha weiss Gott alls Mügleche probiert, mir sälber
z hälfe, innovativ z sy, wie s dr Couchepin verlangt. Lueg mal: kennsch
das? (zeigt den Musikkäse). Ä-ä. Das hei mir es paar zäme-n
entwicklet. Pop-Cheese! Wenn d ne zwüsche de Zähng hesch, macht er
Musig! Gloubsch nid!? Probier mal (reicht den Gästen Käse).
Chasch ne y Sack näh, wie Nüssli oder äbe Pop-Chorn. Mir sy cho drin bi de Langnou Tigers. Ir Ilfishalle
verchoufe si ne ir Pouse. Jitz luege mer o mit de Chino u de mit der
Grossverteiler. I ha ne Termin bim Coop-Bärn-Ychoufs-Chef. Guet, he?
Aber we das nid superguet louft mit däm Pop-Cheese, de weiss i o nüm.
Was söll I de? Ir Stadt finde-n i o ke Job, i bi halt nume ne Pur, u
scho chly älter. D Hanna cha drei Abede im ‘Crazy Pub’ gah serviere, so
im ene rote Läder-Mini – gäll – i säge nech lieber nid wo gnau –aber
das längt no niene hi. Herrgott! Mir cheu-n is doch nid i Luft
uflöse! Gah suufe, bis si eim ufläse u versorge? De berchämsch ämu gnue
z frässe. U ds Land hie cha vergande – isch de nümm mys Problem, es
wirft ja einewäg zweni ab.
(Zu Hanna:) Stell di Chiste chly lysliger! Das Ghüül isch ja nid zum ushalte!
Hanna (dreht Ton auf): Du isch nume nydisch, Mike! Mit däm bisch no zäme y d Schuel. Dä het’s zu öppis bracht. U du hocksch nume-n ume da i däm Loch u rüefsch us. U mys Schicksal isch, dass i das gäng muess mit alose.
Michel Ermel: Lue mal dä ufbblasnig Typ a. Mit däm wett i ämu nid tuusche u de jahrelang mit rotem Gring i irgendwettige Stube-n umeflimmere ...
Hanna (unterbricht): Das chönntsch
o nid! Das wär ja e pynlechi Nummere – dr Höllschache-Pur im
Hallestadion! Würdsch nume wieder vo dym Chäs labere, bis d Lüt
dervoloufe.
(Singt Song vom ‚wysse Schwan’ – doch mit ‚wysse Chäs’).
Michel Ermel: Du versteisch mi falsch! Das
isch mys Schicksal! I wott säge: Eigentlech bin i gärn Pur! I
möcht nüt anders. Bis vor – ja – öppe em ne Dotze Jahr ha-n i o no
gwüsst, für was i da bi. Ja – defür luege, dass d Bevölkerig z ässe
het, o i schlächte Zyte. Das isch d Pflicht vom Purestand. Zu Zyte vom
Minger un vom Profässer Wahlen – Aabouschlacht – , da sy mer no
gschätzt gsy, d Pure u d BGB, d “Bauern-, Gewerbe- und Bürger-Partei”.
Sogar dr Dölf Ogi, da cheut der säge, was der weit – aber dä het sy
Sache ganz ordeli gmacht. Der letzte seiner Art! Wie bi usstärbende
Tierarte – das trifft der Nagel nid schlächt uf e Chopf. So chöme mer
üs vor.
Vilech... vilech sötte mer glych wieder mal Hunger ha, für z merke,
we’s a z Läbige geit, was mer eigetlech mache. U de würd me wieder
gseh, was dr Pur eigetlech isch: eine wo derfür luegt – wo Sorg het zum
Bode, u äbe: eine, wo Tag u Nacht derby isch, wo Freud het a däm, wo
nis d Ärde schänkt.
So, göht jitz, chöit dusse wyter ässe! Gspüret
nume mal chly d Chälti! Tuet nech guet.
Löht mi i Friede !
* * *
(etwas zur Form des Stationentheaters)
Berner Zeitung April 2003 - Serie zum Gedenkjahr an den Aufstand von 1653. Von Urs Hostettler.
(1) Der Aufstand der
Landleute 1653
um
1635
Die Schweiz
ist eine Insel
im grossen europäischen Krieg. Das
ist durchaus nicht selbstverständlich. In ihrer glorreichen
Vergangenheit haben
die Eidgenossen im Schlachtgetümmel stets freudig mitgemischt. Und wenn
der
Krieg nicht zu ihnen kam, sind die Schweizer zum Krieg gegangen.
Was da während einer ganzen Generation mit Pulver- und Brandgeruch über
den
Kontinent hinwegfegt, müsste eigentlich dem hiesigen Geschmack
entsprechen.
Nun - der Söldnerhandel ist immer noch ein florierendes Geschäft.
Ansonsten
aber kommt man bald zur Einsicht, dass ein blutiger Streit der
Konfessionen
hierzulande das Ende der Dreizehn Orte der Eidgenossenschaft bedeuten
würde.
Vom Einmarsch fremder Heere ganz zu schweigen.
Die Tagsatzung in Baden einigt sich auf die gemeinsame Verteidigung der
Grenzen,
die seltsamerweise mehrmals von... Schweden bedroht scheinen. Die
Herren der
Dreizehn Orte leben nicht schlecht von der Vergabe von Werberechten.
Und dass
die Landwirtschaft zu Kriegszeiten gefragt ist wie niemals sonst - das
zu
betonen, ist reine Verschwendung von Druckerschwärze.
Einige
wirtschaftliche Massnahmen werden in dieser schweren Zeit von der
Bevölkerung
hingenommen. Wie der Krieg aber langsam abflaut und doch kein Ende
findet,
erregen sie zunehmend Missmut.
Der grosse Schanzenbau im Westen Berns etwa. Gut und recht. Aber je
höher die
Schanze wächst, desto mehr schwindet die Kriegsgefahr. Oder die
schlechten
Berner Batzen aus Mangel an spanischem Silber: andere Städte prägen
inzwischen
wieder bessere Münzen - Bern verbleibt bei seinen Kupferlingen.
Die
Verstaatlichung des Salzhandels (die einer indirekten Wehrsteuer gleich
kommt)
und das Trattengeld (die Steuer auf ausser Landes verkaufte Tiere) sind
auch
nicht gerade Liebkinder der Landleute.
1641
Ein
Söldnerheer
in Bern
ist des Guten zu viel. Als die Gnädigen Herren von Bern im Januar 1641
verkünden,
das Milizsystem reiche angesichts der äusseren Bedrohung nicht mehr
aus, ein
stehendes Heer solle geworben werden, finanziert durch eine neuartige
Vermögenssteuer,
regt sich Widerstand.
Vier Gerichtssässen von Röthenbach reichen - unterstützt vom Vogt von
Signau - eine Klageschrift ein. Was die Herren ganz und gar nicht
goutieren.
Der junge Vogt Beat Herport wird gerüffelt, und an einem der vier
Rebellanten
will man ein Exempel statuieren. Mitten in der Nacht wird die
Rothachenmühle
von Schergen des Schultheissen von Thun überfallen und der Müller Klaus
Zimmermann entführt.
Die Landleute ein wirksames Alarmsystem aufgebaut. Am nächsten Tag
belagern
Tausende von Bauern die Stadt Thun und verlangen den Zimmermann heraus.
Auch als
jenem durch einen Sprung über die Schlossmauer hinab die Flucht
gelingt, ziehen
die Belagerer nicht ab. Schliesslich reisen die Bürgermeister von
Zürich und
Basel zur Vermittlung zwischen Obrigkeit und Untertanen an. Ein
Kompromiss wird
ausgehandelt: Bern verbleibt beim Milizsystem, die neue Wehrsteuer wird
auf
sechs Jahre beschränkt. Den Untertanen werden ihre alten Freiheiten
garantiert
und Verbesserungen im Salzhandel und anderswo versprochen.
Ist der
Bauernkrieg von 1653 eine Revolution?
Ich verstehe diesen Bauernkrieg als politische
Bewegung
und nicht als Revolution. 1641 hatten die Emmentaler Bauern vor Thun
einen
diplomatischen Sieg errungen. In der selben Absicht zogen sie zwölf
Jahre später
auch vor Bern.
Die
Bauern
trugen Waffen bei sich...
Klar. Sie konnten die Armeen der Herren ja nicht
mit dem
Spinnrad entgegen treten.
Doch die
militärische Komponente kam von oben in den Konflikt hinein. Als sich
anfangs März
1653 die luzernischen Ämter politisch verbündeten, um Klagen
durchzusetzen,
reagierte die Stadt Luzern mit einem militärischen Hilfegesuch an die
ganze
Eidgenossenschaft. Die Tagsatzung erliess daraufhin ein Defensional,
einen
Kriegsplan gegen die Untertanen. Die Landleute wählten ihre
militärische Führung
erst später - mit rein defensiven Absichten. Sie planten keinen
gewaltätigen
Umsturz. Am allerwenigsten der
Bundesobmann
Leuenberger.
Waren
denn
ihre Forderungen revolutionär?
Die Herren von
Bern erliessen damals
eine unglaubliche Flut von Mandaten, sie regelten das Leben der
Untertanen bis ins Kleinste und
Privateste.
Mit dem unüberblickbaren
Gesetzeswirrwarr
schafften sie faktisch die
Gesetzlichkeit ab. Die Untertanen
machten sich im Prinzip dauernd strafbar und die Amtleute
konnten nahezu nach Lust und Laune abstrafen, wen sie
wollten. Bussen
waren eine Haupteinnahmequelle des Staates.
...
und die Forderungen?
Die Willkür der
Mandate,
die das Land in schwierigen Zeiten belasteten, empörte die Bauern
und
sollte gestoppt werden. Sie wollten, dass eine Landsgemeinde zu
Neuerungen
Stellung nehmen könnte. In heutigen Begriffen ausgedrückt
forderten sie
Versammlungsfreiheit und ein Referendumsrecht.
Sie wollten
zurück zu einem Miteinander, zur gegenseitigen Achtung von Obrigkeit
und
Untertanen, zum Geist der
alten Eidgenossenschaft. Gemäss dem
damaligen
Ideal eines "modernen" absolutistischen Staatswesens waren sie
mit diesen Forderungen rückständige Verhinderer. Aus
heutiger Sicht
sind Versammlungsfreiheit und Referendum demokratische
Rechte, die
erst am Ende des folgenden Jahrhunderts zum Durchbruch
kamen -
durchaus fortschrittlich, meinetwegen revolutionär.
Die Begriffe "progressiv" und "konservativ" sind zunehmend blosse
Etiketten. Sind die heutigen Strassenverengungen in historischem Rahmen
fortschrittlich oder rückständig?
Die
Bauern
haben den Krieg verloren. Haben sie langfristig gewonnen, indem sie
ihre Rechte
bewahren konnten?
Was für Rechte
denn!?
Die Herren von Bern regierten nach wie vor mit ihrem kleinkarrierten
Patchwork von Mandaten. Dass
ihnen grosse Wurf eines effektiv absolutistisch verwalteten
Staates
nie recht gelang, lag an... ihrer Kleinlichkeit, an gegenseitigem
Neid, an der
Geschichte und Struktur der Eidgenossenschaft. Nicht am Aufstand
von 1653.
Die Bauern hielten sich danach still. Die haben nichts gewonnen.
Gab es nach dem Krieg keine Angst der Herren
vor dem
aufständischen Potential
im Emmental?
Überhaupt nicht. Da herrschten Allmachtsgefühle,
man
hatte die Bauern besiegt. Den viel grösseren Eindruck als der
Bauernkrieg
hinterliess der Villmergerkrieg 1656. Da kämpften Zürich
und Bern gegen die
militärisch
schwächeren katholischen Orte. Und verloren. Jetzt merkten
die
Herren von Bern, dass sie auf
waffenfähige
und treue Untertanen angewiesen waren. Sie gaben den Untertanen
ihre
Waffen zurück und milderten
die Strafen aus dem Bauernkrieg. Viele zum Tod verurteilte
Rebellen
wurden begnadigt. Auch danach war Bern kein Musterstaat. Die Herren
haben sich
gewaltig bereichert, das System war korrupt.
Hat der
Bauernkrieg zum Weg der Schweiz in den föderalistischen Sonderfall
beigetragen?
Das Gegenteil ist der Fall. Die Bauern hatten ja
- und das
war ihre grosse Leistung im Bauernkrieg - über die Konfessions- und
Kantonsgrenzen hinaus zusammengefunden. Das Bauernparlament war, wenn
man so
will, die erste bundesstaatliche Einrichtung. Die Bauern hatten eine
gemeinsame
Führung gewählt. Die Tagsatzung war im Gegensatz dazu nur eine sehr
lose
Konferenz. Der Bauernkrieg war eine Einigungsbestrebung von unten.
Der Bauernkrieg hat also für die
Schweizergeschichte keine grosse Bedeutung?
Historisch kann man fast von einer Nichtexistenz
des
Bauernkrieges sprechen. Er hat
in den
Geschichtsbüchern einen sehr kleinen Platz, obwohl er
die grösste Erhebung war, die die Schweiz
je gesehen hat.
Geht
die
Hochschätzung und Mythologisierung der Landwirtschaft in der Schweiz
letztlich
auf den Bauernkrieg zurück?
Ach nein. Die
besondere Wertschätzung der schweizerischen Landwirtschaft ist
eine Folge
der Weltkriege des 20. Jahrhunderts
mit
ihren Anbauschlachten. Und
der Mythos...
der gilt eher der heilen Bergwelt als der Landwirtschaft.
Schiller,
Heidi und Vreni Schneider haben wesentlich mehr dazu beigetragen als
der
Bauernkrieg.
Könnte es aber sein, dass der
Stadt-Land-Gegensatz,
den wir heute besonders in Volksabstimmungen spüren, eine Folge des
Bauernkrieges ist?
Den Stadt-Land-Gegensatz gibt es überall.
Naja... im Emmental bestehen
vielerorts besonders ausgeprägte Vorbehalte
gegenüber der Stadt. Zudem eine Angst,
irgendwas falsch zu machen, das
Bestreben nicht
aufzufallen, nicht quer zu schlagen. Das
geht
kaum direkt auf den Bauernkrieg zurück, eher auf die Unterdrückung
durch
Bussenwillkür, Täuferjagden und anderes mehr im alten Bern.
Es ist auch heute noch wichtig,
dass das Land sich auf seine Kultur besinnt, seine
Würde zurück gewinnt.
Und da trägt
natürlich das Bauernkriegsjubiläum, das wir heute feiern, dazu
bei. Die
Bauernbewegung von 1653 hat das erste Parlament unseres Landes
geschaffen,
die von ihr angestrebten Institutionen gehören heute zum
Inventar des demokratischen
Rechtsstaates. Die Landleute
dürfen mit
Stolz darauf zurückblicken.
* * *
Am
Fryti, am 18. Märze 1653 – oder am 28., we me nach em katholische
Kaländer rächnet,
wo em bärnische 10 Tag vorus isch – am Morge vo dem 18. März zwänge
sech 29
Ämetaler y tüürst Gasthof vor Stadt Bärn, y d ‚Chrone’.
Alli 29 ghöre zu
de Vornähmere im Ämital, sy ordeli aagleit, aber abgseh dervo isch es e
wild zämegwürflet
Huufe.
Ihre
Sprächer isch der Peter Jakob, Schaffner vom Trueb, a ganz vorbildleche
Undertan, wo sofort zum Landvogt rennt u brichtet, we-n ihm öppis
ubotmässig
vorchunnt.
En alte Fründ vo-n ihm: dr Chlous Zimmermaa us em Schangnou. Früecher
isch er
Müller i der Rothachemüli gsy. Vor 12 Jahr het ne der Schultheiss vo
Thun bi
Nacht u Näbel als Rebäll lah gfange näh, was zu me ne Ufstand gfüehrt
het,
zur Belagerig vor Stadt Thun. Am Änd het für d Landlüt e Freiheitsbrief
useluegt.
Der Hans Bürki vom Winkel isch als Verträter vo Langnou derby. Er isch
eine vo
de Junge; bir Belagerig vo Thun isch sy Vater, der Bürki Danu, ir
vorderste
Reihe mit derby gsy.
Eine isch vo Lützelflüeh cho. Dermit isch o ds Amt Brandis verträte, u
das
isch wichtig. Allerdings isch dr Dubach Chlous eine vo däne, wo me ne
lieber us
em Wäg geit. E Schnapphahne. Eine, wo sech vo de Vögt laht lah ahüüre,
we si
Täufer oder Bättler jage oder süsch eine wei festnäh.
U de äbe der Chlous Leuebärger vom Schönholz, Rüederswil. Er isch 38i,
eine
vo de Jüngere, aber isch mit syre bsunnene, ufrichtige-n Art höch
agseh, er
isch scho Grichtssäss u zuedäm mit der Familie vom Landvogt Tribolet
befründet.
Die
29 Ämitaler wei ir ‚Chrone’ es paar vo de höchste Here vo der
Eidgenosseschaft träffe. Der Bürgermeister Waser vo Züri, der Landamme
Marti
vo Glaris u anderi meh. Sie überbringen e-n e Katalog vo Chlage vo de
Bärner
Landlüt, wo die a diverse Träffe gsammlet u y Schrift gfasst hei. Di
höche
Here sy es neutrals Eidgenössisches Schiedsgricht, wo äxtra aagreiset
isch, um
zwüsche Bärner Oberkeit u Undertane z vermittle. Was für nen Ehr für di
Purelüt, im Bärner Ratshuus de Schultheisse als glychberächtigeti
Partei gägenüber
z sitze u die bärnische Undertane z verträte!
Allerdings isch die Mission – so guet ihri Absicht isch – bös
umstritte. Di
Here Schiedsrichter – wie o es paar Bärner Here – chöme diräkt vo der
Tagsatzig z Bade, wo sech d Regierige hei troffe u ne Chriegsplan gäg
di ufrüehrerische
Äntlibuecher hei ufgstellt. Es stinkt zum Himmel, was sie jitz vorhei:
d Bärner
Bure sölle mit viel Pomp u Buuchpinsle befriedet wärde, damit me ohni
Angst
vore re Uswytig vom Konflikt cha gäge d Luzärner Undertane vorgah.
D Signouer hei drum beschlosse: mi well lieber e grosse Bund vo allne
Schwyzer
Landlüt ufboue, wo me o d Äntlibuecher well dry ybinde, o d Undertane
welle
sech kenes Falls lah gägenand usspiele. Si sy nid mit nach Bärn, u o us
em Amt
Trachselwald sy nes paar wichtegi Lüt deheime bbliebe.
Der
Empfang ir ‚Chrone’ isch de o gar nid ermuetigend: der Zürcher
Bürgermeister
wäschet de Bure rägelrächt d Chappe. Er seit luegt di Chlage gar nid a
u seit
nume: si würde sech am beste bi ihrne Here entschuldige u se
vertrouensvoll um
Gnad bitte.
Am
Sunntimorge chunnt d Hiobsbotschaft, Basler u Elsässer Truppe syge bi
Aarou y
ds Bärnbiet ygfalle, schynts zum Chriegszug gäge d Äntlibuecher. Mi
heig se
chönne zrüggwärfe. Also hei d Signouer rächt. D Buredelegation z Bärn
beschliesst aber, mi well wyterhin verhandle, das syg die
Chance, der
Friede z rette u doch no öppis z erreiche.
Afangs
Wuche behandle d Here vom Schiedsgricht e ganzi Reihe vo Begähre vo de
Landlüt.
Di rücke mit immer meh Chlychram a, schier jedi Gmeind het no irgend es
Brästeli,
wo me chönnt verbessere. Am dritte Tag platzet e längi Liste vo
Gägechlage
vom Bärner Rat y d Verhandlige. Meh Bosheit als bi de-n Äntlibuecher
syg im Ämital
z finde. Bevor d Bure nid uf de Chneu Abbitt gleistet u alli ihri
Rädelsfüehre
usglieferet heige, gäbs nüt mehr z verhandle. Die diplomatisch
unerfahrenene
Buredelegierte erchlüpfe heftig u beschäftige sech jitz mit der
Abfassig vo re
Rächtfertigungsschrift.
Am
Donnsti leit ds Eidgenössiche Schiedsgricht sys Vermittligswärch vor:
ds
Trattegäld – d Stüür uf exportierti Ross u Rinder – wird abgschafft. D
Ämital
berchunnt e Landesvenner, wo allerdings vo dr Regierig bestimmt wird.
Derfür
verlange die Gnädige Here, dass d Landlüt als Verursacher alli Choste
vo däm
Handel übernähme, dass si ihre Rädelsfüehrer usliefere, dass sie ihri
Oberkeit uf de Chneu um Gnad bitte u neu huldige.
De 29 Bureabgeordnete isch nid wohl bi där Sach. Sie bitte-n um
Bedänkzyt –
sie müessi zersch ihri Lüt deheime befrage. Der Bürgermeister Waser
weiss
aber gnau, dass ds Volk uf em Land däm nie u nimmer würdi zuestimme. So
redet
er im Vertroue mit de Buredelegierte: er wärdi sich bi de Bärner Here
für
se-n ysetze. Das mit de Chöste chönn me sicher lah gheie, u das mit de
Rädelsfüehrer
chönn me y däm Sinn mildere, dass die Schuldige nit müesse usglieferet,
aber
ordentlech sölle-n abgstraft wärde.
Dermit
sy die abgeordnete Landlüt yverstande. Am Fryti, am 25. März träte si y
Saal
vom Bärner Ratshuus. Jede fallt einzeln vor em Bärner Rat uf d Chneu u
beschwört
y d Hand vom Bürgermeister Waser der Huldigungseid vor Stadt Bärn.
Dä lutet (liecht gchürzt): „Alle... schwören, der Stadt Bern als
unserer
rechten, natürlichen Herrschaft und Oberkeit Treue zu halten, ihren
Amtleuten
zu gehorchen in allen Geboten und Verboten, (...) in keine Kriegszüge
zu
ziehen, keine Versammlungen ohne Bewilligung abzuhalten, (...) alles,
was wir hörend,
sehend oder vernemmend, das Bern Schaden bringen könnte, sofort
anzuzeigen;
alles, was die Pflicht getreuer Untertanen gegenüber ihrer Oberkeit
ist, zu
tun.“
Druf verliest dr Bürgermeister Waser sys Vermittligwärch y 27 Punkte u
chündiget
de Bure-n a, er well ne gly e besiegleti Kopie dervo zueschicke.
Wo
die 29 Delegierte ds Rathus verlöh, gseh si grad, wie 300 Gänfer
Soldate y d
Stadt ymarschiere. Chly gschmuech wirds ne scho, u wo si zrügg im
Ämital sy,
wird ne usgesproche uwohl. Wo dr Schaffner Jakob z Langnou ds Ergäbnis
vo de
Verhandlige verliest, rüefe d Lüt „Das chöi mer nid aanäh“, u „Mir chöi
d Äntlibuecher nid so im Stich lah!“, u dr Schaffner wird sogar tätlich
aagriffe.
Der Hans Bürki wird vo sym Vater us em Hus usgstosse, bis er sech
wieder am
Ufstand aaschliessi.
Es
sy d Signouer u d Willisouer, allne voraa der Ueli Galli u dr Fridli
Buecher, wo
i däne Tage e grosse Bund vo de Landlüt vor ganze-n Eidgenosseschaft
vorbereite. E Bund, wo die alti Eidgenosseschaft erneueret, e Bund, wo
sogar
gueti Here sötte chönne underschrybe, wo eifach söll vermyde, dass d
Bure
sech gegenand löh la usppiele.
Am
13. April in Sumiswald isch es sowyt. Landlüt us de vier Orte Bärn,
Luzärn,
Basel u Solethurn chöme zäme, um dä gross neu Bund vo de Eidgenosse z
beschwöre.
Aber ohni ds Ämital, ohni ds Amt Trachselwald, laht sech so ne Bund nid
schliesse. So göh d Organisatore dr Chlous Leuebärger a, ob er die
Landsgmeind
würdi leite. Er isch us verschiedene Gründ e Wunschkandidat vom Galli,
Chüpfer
u de-n andere: er isch z Sumiswald fasch en Yheimische, e gueti
Erschynig, guete
Redner, u alli hei eifach Vertroue zue-n ihm.
Wenn nume dä Eid nid wär! Dr Chlous Leuebärger het vor zwoehalb Wuche
gschwore... ja ganz e Hufe. Am schlimmste isch äuä das mit de
Versammlige, wo
me nid ohni Bewilligungen well abhalte. D Organisatore rede uf ne-n y –
das
syg scho gut mit der Sumiswalder Landsgmeind, mi machi nüt Verbotnigs,
d Here wüssi
dervor o wärdi o da sy.
Der Leuebärger Chlous seit halbe zue – er chömi, welli aber de zersch
luege,
was das so für ne Gattig machi.
Un er laht sech überzüge. Die Versammlig mit emne Ring für die
offizielle-n
Abgeordnete, je zwe pro Chilchöri, isch guet ufzoge, wyt über tuusig
Manne sy
nach Sumiswald cho, u – wichtig für e Leuebärger – d Bärner Here sy o
da,
allne voraa dr Rotbart, dr Venner Früsching, wo der Leuebärger als
früechere
Vogt vo Trachselwald kennt.
Dr
Ueli Galli eröffnet u stellt der Chlous Leuebärger als
Versammligsleiter vor.
Zersch wird es Schrybe verläse, wo d Zürcher Regierig a d Landsgmeind
grichtet
hat (... es guets Zeiche, dass alles mit rächte Ding zuegeit).
Der Entwurf zum Bundesbrief wott
1. der alt Eidgenössisch Bund erneuere u erhalte. Enander schütze my
Lyb, Guet
u Bluet. Was der Oberkeit ghört, söll ere zuecho, glychfalls de-n
Undertanen,
was ene zuesteit.
2. alli unguete neue Uflage absetze. Wenns derwäge sött zume ne Stryt
zwüsche
Oberkeite u Undertane cho, söll me nid gägenander chriege. Mi söll
zersch e güetleche
Verglych sueche. Wo das nid müglech isch, söll es Schiedsgricht us
Oberkeite u
Undertane vo andere-n Orte gemäss de-n Urkunde Rächt spräche.
3. Wenn aber en Oberkeit eigeti oder frömdi Soldate gäge-n ihri
Undertane y ds
Fäld füehri, söll me se zersch mit Güeti abwyse, u notfalls mit Gwalt
zum
Land use schlah.
4. Wäge dem loufende Handel söll niemer bestraft wärde.
Eigetlech
nüt Rebällisches, wo de Gnädige Here öppis wäg nähmti.
Der Text muess no überarbeitet wärde, u der Leuebärger laht d Lüt nume
beschwöre, dass me-n enang well bystah u dass der Bund am ganze
Vaterland söll
nütze u weder Oberkeite no Undertanen meh welli gäh, als ihne nach
göttlechem
Rächt zuesteit.
Dr Leuebärger het als Landsgmeindleiter e sehr guete-n Ydruck gmacht.
Super. Im
Aaschluss a-n Eid het me ne ohni Gägestimm zum Obmaa vom grosse neue
Bund gwählt.
No
zwo ähnlechi Landsgmeinde git’s i de nächste Wuche, am 20. April u am
4. Mai
z Huttu. Der Leueberger het vom höchste Äntlibuecher, vom Hans
Ämmenegger, e
rote Mantu gschänkt übercho, ds Zeiche vom ne Landespannermeister. U dr
Leuebärger
i sym rote Mantu wird vo de Landlüt richtiggehend verehrt. Ar zwöite
Landsgmeind vo Huttu besiglet u beschwört me der neu Bundesbrief.
Es sy no drei Artikle derzue cho, meh oder minder Usfüehrigsbestimmige:
5. Der Bund söll alli zäh Jahr vorgläse u erneueret wärde.
6. Wär gäge Bund redi, oder Rat gäbi, dervo abzstah oder ne zunichte z
machen, söll als meineidige und treulose Ma gälte u abgstraft wärde.
7. I kem Ort sölle d Bundesgenosse sech y däm Handel mit ihrer Oberkeit
völlig
verglyche, bis o d Bundesgenosse y de-n andere-n Orte chönni nen
Abschluss
mache.
I
der Wuche nach em Bundesschwur bringe d Landlüt a allne Orte de
Oberkeite ihri
Chlagepunkte vor. Y d Städt yne wott allerdings jetz niemer meh – d
Here sölle
dusse-n uf em Land vor ds Volch träte.
Was d Bärner Undertane jitz fordere sy e Huufe lokali Sache, vor allem
aber
eis: d Here sölle-n ihre gross Bund anerchenne.
D Here hei aber nüt derartigs im Sinn. Sie biete wyt ume, vor allem im
Wälschland,
Truppe-n uf gäge die „rebällische Bure“ (wie sie säge). D Verhandlige
bruuche sy nume-n als Zytspiel, was d Bure mit der Zyt merke. Dr Galli
u syni Lüt
drohe der Stadt mit ere Nahrigmittel-Sperri, wenn Bärn nid gly der Bund
anerchenni u uf ihri Chlage ygöng.
I
dr Nacht uf e-n 11. Mai (oder der 21.Mai vo de Katholike) chunnts zum
Landsturm.
Vo Weste här näheret sech e grossi welschi Armee vo der Here. D Landlüt
sperre d Brügge z Gümene u ds Aarbärg, u der Räschte vo Lüt laht der
Danu
Chüpfer, wo als höchsti Chriegsrät vor Ort isch, uf em Murifäld vor
Bärn
lagere.
Der
Chlous Leuebärger het mit däm Landsturm nüt z tüe. Er het vore grosse
wälsche
Armee ghört, u wo-n er am Morge vor Bärn aachunnt u merkt, dass alls uf
ene
Belagerig vor Stadt Bärn uselouft, sy scho viel Tusig bewaffneti
Landlüt am
Ufbou vom Lager, u-n er cha nüt meh dergäge usrichte, usser däm: dass y
Stadt
schrybt: mi syg i dr Absicht vor Bärn zoge, die strittige-n Artikel z
erörtere
u wenn müglech Friede mit der Oberkeit z schliesse. Mi söll drum bitte
Gsandti
zue-n em use schicke.
Am
Namittag – wo scho gäge 20'000 Landlüt vor Bärn sy – erschyne die
begährte
Ratsgsandte us der Stadt. Der Leuebärger macht nen e so ugfährleche-n
Ydruck,
dass sie nid emal d Stadttor zuetüe.
Drei
Tag später gseht das scho chly anders us. Unterdesse sy 1000
Äntlibuecher
chraft vom Bund de Bärner z Hilf cho – der Leuebärger het se fasch wie
Ussätzegi
vo de Bärner trennt u se z Habstette lah lagere. Jitz chunnt e würklech
hochkarätegi Delegation vom Bärner Rat use uf ds Murifäld. A ihrer
Spitze der
Altschultheiss Daxelhofer u dr Wälschsäckelmeister Tillier, aber o der
Theologieprofässer Lüthard u der Münsterpfarrer.
Wo
der Hans Bürki, Chriegsrat vo de Bure, forderet: d Stadt müessi de Bure
der
Schade-n ersetze, wo sie dür d Batzenabwärtig erlitte heige, geit der
Schultheiss Daxelhofer nid druf y. Stattdesse erinneret er der Bürki u
der
Leuebärger dra: sie heige vor sächs Wuche fyrlech u fuessfällig e
Treueeid
gschwore. Wenn sie jitz meh forderi als denn, so bräche sie a heilige-n
Eid.
Tatsächlech het sech vo däne 29 Buredelegierte vo denn, mit Usnahm vom
Leuebärger
u vom Bürki, chuum meh eine am Uszug vor Bärn beteiliget. Die beide
Pfärer
blase-n y glyche Horn. Meh no: sie erlütere, der Undertanebund vergöng
sech gäge
die heilegi Schrift u o gäge d Gsetz vor Stadt Bärn. Är syg drum vor
Gott nid
gültig.
Spätistens jitz muess dr Chlous Leuebärger ygseh, dass er zwe Eide
gschwore
het, wo sech bim beste Wille nicht i allem löh lah verybare. Der
Huldigungseid
verbiete unbewillegti Versammlige, aber wo hocket der Leuebärger y däm
Momänt?
Niemer wird welle bhoupte, die Versammlig uf em Murifäld syg
oberkeitlech
erloubt worde. U wie söll e-n Obmaa vom Burebund der Oberkeit „alles
sofort
aazeige, wo-n er vernimmt, wo Bärn chönnti Schade zuefüege“?
Der Leuebärger beschäftiget sech starch mit söttnige Gedanke. Er setzt
düre,
dass d Landlüt y der Tat chuum meh fordere als denn im März. Nume die
allgemeini Amnestie wott er jitz garantiert ha u – als einzegi wichtige
Neuerig – 50 000 Pfund Chriegsentschädigung.
Am Aabe isch er sech mit em Schultheiss Daxelhofer sowyt einig. D
Landlüt berchöme,
was sie fordere, derfür müesse sie d Waffe sofort niederlege, der
Bundesbrief
usliefere, hei zieh, ihrem Bund abschwöre u neu huldige.
Dermit
verratet der Chlous Leuebärger der Burebund. Dört steit ja usdrücklech:
Wär
Rat gäbi, vom Bund abzstah oder ne ufzhäbe, söll als meineidige und
treulose
Ma gälte.
We usgrächnet der Obmaa sälber das tuet, de isch das nüt weniger als e
Katastrophe für d Undertane u ganz gwüss ds Ändi vo däre neue
Eidgenosseschaft, wo nach em fyrleche Schwur grad mal zäh Tag het ghäbe.
Der
Chlous Leuebärger het ghoffet, d Here würde der neu Bund akzeptiere –
de wär
für ihn d Wält ir Ornig gsy. Er hätt mit syre Überzügigschraft u
Outorität
d Landlüt sicher für ne politeschi Lösig chönne gwinne. Dür d
Chriegsstrategie vo de-n Oberkeite isch er aber y ne Rolle grate, wo-n
er nie
het welle, er isch zum Füehrer vo re Konfliktpartei worde. U da isch
für ihn d
Spatzig zu sym Treueeid gägenüber der Oberkeit, der andere Partei,
immer
chlyner worde. Was er o tah het - er het gäge-n eine vo syne zwe Eide
handelt.
Am Änd het er für sich ke Lösig meh gseh, als Balast über Bord z wärfe,
u
da isch ihm d Erklärig vo de Geistleche, der Bundesschwur syg vor Gott
ungültig,
äbe rächt cho. U immerhin het er mit dr Ufgab vo däm Stück Papier doch
e
Reihe vo würkleche Verbesserige für ds Land erreicht u der Friede
bewahrt.
Der
Räste-n isch Gschicht. Der Leuebärger het sech nach drei Tag Hin u Här
im
Burelager gäge die sogenannte „Herte“ düregsetzt. Der Friede isch nach
sym
Wille gmacht worde. Dr Schibi vo de-n Äntlibuecher isch mit ere Wuet im
Buuch
hei gritte u het bi Gisike e Brügg mit eme Munitionslager vo der Here
aagriffe
u ygnoh, d Armeeä vo de Here sy vorgstosse un hei ds Land verwüestet,
wie we
nie e Friede wär gschlosse worde, der besieglet Vertrag isch de Landlüt
nie
gschickt worde.
Der Chlous Leuebärger het z Herzogebuchsee no einisch es paar Tusig
bewaffneti
Landlüt, wo der Chüpfer da häre ufbbote het, hei gschickt.
Er isch wahrhaftig e Ma vom Friede gsy. Das hei-n ihm die Gnädige Here
vo Bärn
schlächt vergulte. Er isch gfange gnoh worde, vo me ne Trupp mit sym
Koleg
Dubach vo Lützelflüeh, wo im März no mit ihm gschwore het. Ir
Gfangeschaft
het der Leuebärger freizügig vo all syne Mitstryter verzellt. Vilech
isch’s
eifach e Wule gsy, e Wule uf all die, wo ne da yne triebe hei, ihn, wo
doch nie
öppis Urächts het welle tue u nume de Mönsche zum beste wärche. U
wahrschynlech het er sech sogar jitz no a sy Treueschwur bbunde
gfüehlt, dass
er syre Obrigkeit alle müessi brichte. Er het bis zum Schluss ggloubt,
ds Läbe
wärd ihm gschänkt, o we-n er als Meineidige sicher als ehr- u wehrlos
erklärt
würdi. So het er o us syr Zälle im Chefigturm no zweu Gnadegsuech
gschribe.
Ihm isch nume-n es geistlechs Vergehe bewusst gsy: dass er sech nach
sym
heilige-n Eid vom 25. März zu neuem Ughorsam gäge d Here heig lah
überrede.
Aber d Here hei der Buren-Obmaa lah vierteile. Y sym Todesurtel steit z
allervorderst: der Leuebärger heig der Eid bbroche, wo-n er am
Bürgermeister
Waser y d Hand gschwore heig.
Am
Leuebärger sy brutal Tod isch uf em Land als sehr ugrächt empfunde
worde. Um
so meh het me ne verehrt – als tragesche Held u als ganz
ussergwöhnleche, ufrächte
u gottesfürchtige Mönsch.
Es
stellt sech d Frag, was der Chlous Leuebärger y sym innere Zwiespalt
hätt chönne-n
anders, besser mache. Spätistens nach em Uszug vor Bärn am 11. Mai het
er sy
Treueeid gägenüber der Obrigkeit höchstens no am Sinn nah, aber nümm
wörtlech
chönne-n yhalte, wenn er syni Fründe u d Landlüt als ganzes nit het
welle
verrate.
Rücktritt?
Es isch o hüt no nes schlächts Zeiche, wenn e Firmechef e paar Wuche
nach syre
Wahl zrüggtritt. Grad im ne so wichtige Zytpunkt, hätt das der Sach vo
de
Landlüt extrem gschadet. Zudäm isch me denn eifach nid zrüggträte. Mi
isch
im Amt gstorbe.
Öpper
y ds Vertroue zieh, d Füehrig teile? Da wär a erster Stell der Hans
Ämmenegger
vo Schüpfheim y Frag cho, dä isch z Sumiswald zäme mit em Leuebärger
als
oberste militärische Füehrer vom Bund gwählt worde. Aber mi hätt der
Leuebärger
äuä schlächt begriffe, ihm eifach uf d Schultere gchlopfet u gseit: d
Situation het sech gänderet, der Bund u all die Landlüt, wo uf di
vertroue sy
jitz wichtiger als so nen alti Eidesformle.
Churz:
wenn i als promivierte Logiker u Wahrschynlechkeitsrächner 350 Jahr
dernah ke
gueti Lösig gseh, de isch es für e Chlous Leuebärger zmitts y däm
Trubel
fasch unmöglech gsy, sy eiget Konflikt u der gross Konflikt von
Schwyzerische
Burechrieg uf gueti Wäge z bringe.
Er
het sys beste tah, u das isch sehr viel gsy.
Wahrschynlech
het’s bi allem Wenn u Aber, ganz abgseh vom Leuebärger, doch en
Ufklärig
bbrucht, e ganzi Portion weniger Respäkt u Gottesfurcht, e-n inneri
Freiheit,
bevor ds Volch a däm Staat öppis Grundlegends het chönne-n ändere.
* * *